Robert Klatt
Ein bioelektronisches Pflaster kann mit sanften Stromimpulsen die Aktivität von Bakterien hemmen. Das System soll bei Infektionen mit resistenten Bakterien verwendet werden und die Verwendung von Antibiotika überflüssig machen.
San Diego (U.S.A.). Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verursachen antimikrobiellen Resistenzen gegenüber Antibiotika (AMR) aktuell mehrere Millionen Todesfälle jährlich. Wissenschaftliche Prognosen gehen davon aus, dass Infektionen mit multiresistenten Bakterien und die dadurch verursachten Todesfälle bis 2050 deutlich zunehmen werden (+ 70 %). Forscher der University of California, San Diego (UCSD) haben deshalb ein bioelektronisches Gerät entwickelt, das resistente Bakterien mit elektrischer Stimulation bekämpfen kann und eine Behandlung ohne Antibiotika oder andere Medikamente ermöglichen soll.
Laut der Publikation im Fachmagazin Device nutzt das bioelektronische Pflaster programmierbare elektrische Impulse, die die natürliche elektrische Aktivität unterschiedlicher Bakterien, darunter auch Staphylococcus epidermidis, stören können. Die sanften Stromimpulse sorgen dafür, dass sich der pH-Wert der Haut ändert. Dadurch bilden die Bakterien weniger Biofilme, also Ansammlungen von Bakterien, die zu schweren Infektionen führen können.
Die Forscher erklären, dass das bioelektronische Pflaster gegenüber herkömmlichen Antibiotika mehrere Vorteile hat. Der wohl größte Vorteil ist, dass die elektrischen Impulse auch bei Bakterien wirken, die bereits gegen gängige Medikamente resistent sind. Die Medizin kann deshalb auf sogenannte Reserveantibiotika verzichten und unterbindet dadurch die Bildung neuer Resistenzen. Außerdem kommt es durch die elektrische Stimulation, die gezielt die Aktivität schädlicher Gene in den Bakterien sowie ihr Wachstum hemmt, nicht zu Nebenwirkungen.
In präklinischen Tests haben die Wissenschaftler mit dem innovativen Pflaster bereits gute Ergebnisse erzielt und die bakterielle Kolonisierung auf Schweinehaut um das Zehnfache reduziert.
„Wir entdeckten Aktionspotenziale in bakteriellen Biofilmen vor fast zehn Jahren und haben seither daran gearbeitet, zu zeigen, dass Bakterien, die normalerweise nicht als erregbar gelten, tatsächlich erregbar sind und sogar Funktionen ähnlich der von Neuronen im Gehirn erfüllen.“
Angesichts der aktuellen Forschungsstandes gehen die Entwickler davon aus, dass das Gerät schon bald in klinischen Studien mit Menschen erprobt werden kann, insbesondere bei Patienten mit chronischen Wunden oder medizinischen Implantaten.
Device, doi: 10.1016/j.device.2024.100596