Robert Klatt
Die Ursache für Plötzlichen Kindstod war bisher unbekannt. Nun haben Forscher einen Biomarker entdeckt, der das Risiko frühzeitig zeigt.
Sydney (Australien). In Deutschland starben im Jahr 2020 84 Kinder (0,01 %) am Plötzlichen Kindstod. In den 1980er-Jahren waren es noch über 1.000 Kindern pro Jahr. Dieser deutliche Rückgang liegt primär an der besseren Aufklärung der Eltern. Trotzdem treten auch noch heute Fälle des SIDS (sudden infant death syndrome) auf, die die Medizin nicht erklären kann.
Es wird schon lange angenommen, dass das plötzliche Kindstodsyndrom durch einen Defekt in einer Hirnregion ausgelöst wird, die die Verbindung zwischen Atmung und Schlaf kontrolliert. Laut der Theorie kommt es demnach zum Plötzlichen Kindstod, weil das Baby nicht aufwacht, wenn im Schlaf die Atmung aussetzt. Wissenschaftler des Kinderkrankenhauses Westmead haben nun im Fachmagazin eBioMedicine eine Studie publiziert, die einen Biomarker für den Plötzlichen Kindstod identifiziert hat.
Um die Ursache des plötzlichen Kindstodsyndroms zu finden, untersuchten die Forscher das Blut von über 60 verstorbenen Säuglingen. Entnommen wurde das Blut im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen zwei bis drei Tage nach der Geburt. Zum Todeszeitpunkt waren die Säuglinge zwischen einer Woche und zwei Jahren alt.
Diese Blutproben verglichen die Forscher mit Blut von gesunden Babys. Dabei fand das Team um Dr. Carmel Therese Harrington heraus, dass Aktivität des Enzyms Butyrylcholinesterase (BChE) bei den gestorbenen Säuglingen deutlich niedriger war als bei lebenden Säuglingen. Das Enzyms BChE ist entscheidend für den Erregungsweg des Gehirns. Dies erklärt auch, wieso der plötzliche Kindstod fast immer im Schlaf auftritt.
Die Studienleiter hatte selbst ihr Baby durch SIDS verloren. Gegenüber dem Sender ABC erklärte sie, dass sie seit dieser Tragödie daran arbeitet, die Ursache des plötzlichen Kindstodsyndroms zu finden. Sie finanzierte die nun veröffentlichte Studie deshalb über eine Crowdfunding-Kampagne, die nach ihrem verstorbenen Sohn benannt war. Die Wissenschaftler erkläre, dass der nun gefundenen Biomarker es ermöglicht, Säuglinge mit SIDS-Risiko zu erkennen. Zudem könnte der Biomarker dabei helfen, das Risiko auszuschalten.
eBioMedicine, doi: 10.1016/j.ebiom.2022.104041