Dennis L.
Ein unregelmäßiger Blutfluss steht in Zusammenhang mit vielen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Daher ist die neue Erkenntnis, dass Blut wesentlich turbulenter fließt als bisher angenommen, auch aus medizinischer Sicht äußerst interessant. Der unregelmäßige Blutfluss tritt demnach vor allem bei geometrischen Unregelmäßigkeiten in den Gefäßen auf.
Wien (Österreich). Bisher ging man in der Medizin davon aus, dass Blut im Körper des Menschen gleichmäßig zirkuliert. Jetzt konnten Forscher des Institute of Science and Technology Austria (IST-Austria) jedoch nachweisen, dass das Blut wesentlich turbulenter fließt als man bisher angenommen hatte. Da ein unregelmäßiger Blutfluss im Zusammenhang mit diversen Herz-Kreislauf-Erkrankungen steht, kann man durch diese Erkenntnis in Zukunft vielleicht neue Therapien gegen Arteriosklerose und ähnlichen Krankheiten entwickeln. Zudem wird das neue Wissen Einfluss darauf haben, wie Mediziner in Zukunft Krankheiten untersuchen, die mit dem Blutfluss im Zusammenhang stehen.
Björn Hof vom IST-Austria hat nun mit einem Team internationaler Forscher nachweisen können, dass pulsierende Blutströme, wie dem unseres Herzens, sehr extrem auf geometrische Unregelmäßigkeiten in den Gefäßen reagieren und dadurch wesentlich höhere Geschwindigkeitsschwankungen verursachen als bisher vermutet. Die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichten die Forscher im Fachmagazin Pnas.
„Mit unserem Projekt wollten wir untersuchen, ob die Erkenntnisse, die wir kürzlich über den Ursprung von Turbulenzen in Rohrströmungen gewonnen haben, Licht auf Instabilitäten in pulsierenden Strömungen und auf die kardiovaskuläre Strömung in Blutgefäßen werfen können“, erklärt Hof. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein bisher unbekannter Mechanismus Turbulenzen in pulsierenden Strömungen im menschlichen Körper bei niedrigeren Strömungsgeschwindigkeiten als bisher angenommen verursachen kann.“
Innenwände von Blutgefäßen (Endothel) reagieren sehr empfindlich auf Spannungen, die durch Reibung des Blutes entstehen. Im Normalfall sind die Innenwände gut an gleichmäßige Fließgeschwindigkeiten in eine Richtung angepasst. Treten jedoch Turbulenzen im Blutfluss auf, wird die Strömung multidirektional und erzeugt Spannungen. Diese permanenten Spannungsschwankungen können als Folge eine Entzündung der Blutgefäßinnenwände, eine zelluläre Dysfunktion und langfristig sogar eine Arteriosklerose verursachen.
Die Forscher konnten theoretisch, aber auch experimentell beweisen, dass Blutgefäße mit geometrischen Unregelmäßigkeiten zu mehr Turbulenzen im Blutfluss führen. Zudem konnten die Forscher belegen, dass es bei Verlangsamungen des pulsierenden Blutflusses (zwischen den Herzschlägen) zu Turbulenzen kommt – besonders in Bereichen mit geometrischen Unregelmäßigkeiten in den Blutgefäßen.
Sobald das Blut wieder beschleunigte, wurde der Fluss wieder glatt und turbulenzfrei, so die Forscher. Die Experten schlussfolgern daraus, dass bei nicht ideal geformten Blutgefäßen oder geometrischen Unregelmäßigkeiten der Innenwände bei jedem Herzschlag eine turbulente Strömung auftritt. „Es ist erstaunlich, dass diese Instabilität in früheren Studien übersehen wurde. Wir vermuten, auch wegen der komplexen Zusammensetzung des Blutes, dass es noch andere Mechanismen geben könnte, die bei noch niedrigeren Geschwindigkeiten Turbulenzen im kardiovaskulären Fluss verursachen können. Wie in der vorliegenden Studie wird auch unsere zukünftige Arbeit darauf abzielen, grundlegende Mechanismen zu identifizieren, die für andere Bereiche wie die Medizin relevant sind“, so Hof abschließend.