Megakaryozyten

Bluttest zeigt, wie lange Impfschutz wirklich hält

 Robert Klatt

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Impfstoffe schützen unterschiedlich lange vor Krankheiten. Nun wurde eine molekulare Signatur entdeckt, die eine Prognose der Impfschutzdauer ermöglicht. In Zukunft könnte ein Impfstoffchip zeigen, wann eine Auffrischungsimpfung nötig ist.

Stanford (U.S.A.). Impfstoffe schützen unterschiedlich lange vor Krankheiten. Während die zweite Masern-Mumps-Röteln-Impfung (MMR) bei den meisten Menschen für ihr gesamtes Leben einen Impfschutz bietet, schützt eine Grippeimpfung lediglich für eine Grippesaison und muss im kommenden Jahr aufgefrischt werden. Die Wissenschaft konnte bisher noch nicht beantworten, wieso manche Impfstoffe nur wenige Monate wirken und andere Impfstoffe Jahrzehnte schützen.

Forscher der Stanford University haben bereits 2022 eine universelle Signatur entdeckt, die Antikörperreaktion auf viele Impfstoffe zeigt. Wie lange diese Antikörperreaktionen andauern, konnten die Wissenschaftler laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature Immunology anhand der Signatur aber nicht prognostizieren.

Unterschiedliche Dauer des Impfschutzes

Nun haben die Forscher der Stanford University entdeckt, dass die unterschiedliche Impfschutzdauer mit Megakaryozyten, einer besonderen Art von Blutzellen, zusammenhängt. Diese Blutzellen sind normalerweise für die Blutgerinnung verantwortlich.

„Die Frage, warum manche Impfstoffe eine lang anhaltende Immunität erzeugen, während andere das nicht tun, ist eines der großen Rätsel der Impfstoffforschung. Unsere Studie identifiziert eine molekulare Signatur im Blut, die innerhalb weniger Tage nach der Impfung entsteht und die Dauer der Immunantwort vorhersagen kann. Sie liefert zudem Einblicke in die grundlegenden Mechanismen der Impfstoffdauerhaftigkeit“

Laut der im Fachmagazin Nature Immunology veröffentlichten Studie haben die Forscher ihren Probanden einen experimentellen H5N1-Vogelgrippe-Impfstoff mit einem Adjuvans, das die Wirkung verstärkt, verabreicht. Die Kontrollgruppe hat den Impfstoff ohne das Adjuvans erhalten.

Blutproben mit Künstlicher Intelligenz (KI) analysiert

Anschließend haben die Forscher über einen Zeitraum von 100 Tagen in regelmäßigen Abständen Blutproben der Probanden analysiert. Die Daten der genetischen, proteinbasierten und immunologischen Analysen wurden mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) ausgewertet.

Diese fand ein Muster, laut dem bestimmte Moleküle in den Blutplättchen (Thrombozyten) Rückschlüsse auf die Antikörperantwort erlauben. Thrombozyten stammen von Megakaryozyten aus dem Knochenmark. Wenn sich Plättchen aus Megakaryozyten abspalten, enthalten diese RNA, die als Indikator für deren Aktivierung dienen.

„Was wir gelernt haben, ist, dass die Blutplättchen ein Indikator für die Aktivität der Megakaryozyten im Knochenmark sind.“

Anschließend haben die Forscher Experimente mit Mäusen durchgeführt, um die Experimente zu bestätigen. Den Tieren wurde ein Vogelgrippe-Impfstoff in Kombination mit dem Medikament Thrombopoetin, das die Zahl der aktivierten Megakaryozyten erhöht, verabreicht. Die Antikörperproduktion wurde dadurch versechsfacht.

Außerdem haben weitere Experimente gezeigt, dass aktivierte Megakaryozyten Moleküle produzieren, die das Überleben von Plasmazellen im Knochenmark verlängern. Plasmazellen sind für die Antikörperproduktion verantwortlich. Wenn die Moleküle blockiert werden, nimmt die Überlebensrate der Plasmazellen stark ab.

„Unsere Hypothese ist, dass Megakaryozyten ein schützendes Umfeld für Plasmazellen im Knochenmark schaffen.“

Analyse weitere Impfstoffe

Um zu überprüfen, ob der Mechanismus nur beim H5N1-Vogelgrippe-Impfstoff oder auch bei anderen Impfstoffen besteht, haben die Forscher Daten von 244 Personen, die sieben verschiedene Impfstoffe erhalten hatten, analysiert. Sie konnten so belegen, dass die entdeckte RNA-Signatur auch bei Impfungen gegen Grippe, Gelbfieber, Malaria, Covid-19 und andere Krankheiten Rückschlüsse auf die Dauer der Antikörperproduktion ermöglicht.

Laut den Forschern kann die neuentdeckte molekulare Signatur dabei helfen, Impfstoffe zu entwickeln, die Megakaryozyten stärker aktivieren. Dies würde die Immunantwort der Impfstoffe verlängern. Außerdem wollen die Forscher einen Test entwickeln, der präzise die Dauer des Impfschutzes zeigt. Ein solcher Test könnte klinische Studien vereinfachen, weil bereits nach kurzer Zeit eine Prognose über die Dauer des Impfschutzes möglich wäre.

„Wir könnten einen einfachen PCR-Test entwickeln – eine Art Impfstoff-Chip – der die Genexpression im Blut analysiert und voraussagt, wer wann eine Auffrischungsimpfung braucht."

Nature Immunology, doi: 10.1038/s41590-022-01328-6

Nature Immunology, doi: 10.1038/s41590-024-02036-z

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