Stromproduktion im Körper

Brennstoffzelle gewinnt Energie für Implantate aus Blutzucker

Robert Klatt

Prototyp der Brennstoffzelle )hcirüZ HTE / baL reggenessuF(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Eine kleine Brennstoffzelle kann im Körper aus Blutzucker Energie für Implantate gewinnen
  • Das Implantat reguliert zudem die Insulinausschüttung und den Blutzuckerspiegel

Eine kleine Brennstoffzelle kann im Körper aus Blutzucker Energie für Implantate gewinnen und den Blutzuckerspiegel regulieren.

Zürich (Schweiz). Herzschrittmacher und andere Implantate erhalten ihre Energie größtenteils aus Batterien. Das komplette Implantat muss deshalb alle fünf bis zehn Jahre operativ ausgetauscht werden. Um diese strapazierenden und teuren Operationen überflüssig zu machen, sucht die Wissenschaft seit Langem nach alternativen Methoden zur Energieversorgung. Denkbar ist etwa eine triboelektrische Stromversorgung, die aus der Bewegung von Muskeln Energie gewinnt oder eine Diamantbatterie aus nuklearem Abfall, die ein Implantat lebenslang versorgen könnte.

Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) haben nun eine Brennstoffzelle vorgestellt, die im Körper aus dem Blutzucker Strom gewinnen kann. Laut Martin Fussenegger hatte das Team die Idee, weil dieser „Treibstoff“ oft im Überfluss vorhanden ist.

„So kamen wir auf die Idee, Überschuss an metabolischer Energie zu nutzen, um Strom für den Betrieb von biomedizinischen Geräten herzustellen.“

Brennstoffzelle unter der Haut

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Advanced Materials wandelt die kleine Brennstoffzelle die Glukose elektrochemisch in Strom um. Die Anode (Elektrode) aus kupferbasierten Nanopartikeln spaltet den Zucker zur Stromproduktion in Glukonsäure und ein Proton, das den Stromkreislauf in Gang setzt.

Die Ummantelung der Brennstoffzelle besteht aus Alginat, einem Algenprodukt, das bereits für den Einsatz in der Medizin freigegeben ist. Optisch ähnelt die Brennstoffzelle einem Teebeutel. Sie kann direkt unter die Haut transplantiert werden. Das Alginat absorbiert dann die Körperflüssigkeit und lässt die Glukose in das Innere der Brennstoffzelle.

Erfolgreiche Versuche mit Mäusen

Bisher wurde die Brennstoffzelle ausschließlich mit Mäusen, die unter Diabetes Typ 1, erprobt. Den Tieren wurden spezielle Betazellen in Kapseln implantiert, die bei einer Stimulation durch Strom Insulin ausschütten können. Die dafür erforderliche Energie wurde komplett durch die Blutzucker-Brennstoffzelle erzeugt.

Schema der Energiegewinnung und Insulinkontrolle
Schema der Energiegewinnung und Insulinkontrolle )hcirüZ HTE / 3202 .retaM .vdA ,la te ,D ytiaM(Foto: ©

Als die Blutzucker-Brennstoffzelle einen Glukoseüberschuss erkannte, begann die Stromproduktion. Die gewonnene Energie wurde verwendet, um die Insulinausschüttung der Betazellen zu stimulieren. Anschließend gelang das Insulin in den Blutkreislauf und der Blutzuckerspiegel sank ab. Wurde ein bestimmter Schwellenwert erreicht, stoppt die Stromproduktion und damit auch die Insulinausschüttung der Betazellen. Im Experiment fungiert die Brennstoffzelle also nicht nur als „Kraftwerk“, sondern regulierte auch den Blutzuckerspiegel und die Insulinproduktion.

„Das neue System reguliert den Insulinpegel und damit den Blutzuckerstand somit autonom und könnte künftig zur Diabetesbehandlung eingesetzt werden.“

Laut den Forscher befindet sich das System trotz der erfolgreichen Tests aber noch in einer sehr frühen Entwicklungsphase. Die ETH sucht deshalb nach Industriepartnern, um die Brennstoffzelle und ihre Anwendungsmöglichkeiten weiter erforschen zu können.

„Denn ein solches Gerät zur Marktreife zu bringen, übersteigt unsere finanziellen und personellen Mittel bei Weitem.“

Advanced Materials, doi: 10.1002/adma.202300890

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