Robert Klatt
Cannabis gelangt über die Muttermilch in den Säugling, auch wenn Mütter mehrere Stunden vor dem Stillen die Droge konsumieren. Welche Auswirkungen dies auf die Säuglinge hat, ist noch unklar.
Pullman (U.S.A.). In den U.S.A. ist Cannabis laut einer Publikation im Journal of Cannabis Research die häufigsten während der Stillzeit konsumierte Droge. Stillende Mütter nutzen Cannabis vor allem auf therapeutischen Gründen, etwa zur Bewältigung von Angstzuständen oder chronischen Schmerzen. Laut Shelley McGuire entscheiden Mütter sich oft für die pflanzliche Droge, weil sie diese für sicherer halten als Medikamente.
„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Mütter, die Cannabis verwenden, ihre Entscheidungen sorgfältig abwägen. Diese Frauen trafen ihre Entscheidungen bewusst. Das ist weit entfernt von einer zufälligen Lebensstilentscheidung.“
Obwohl stillende Mütter Cannabis oft als alternative Behandlung für unterschiedliche Gesundheitsprobleme nutzen, gibt es bisher keine Studien dazu, ob und wie sich der Konsum auf die Babys auswirkt.
„Dies ist ein Bereich, der erhebliche, gründliche Forschung benötigt, damit Mütter wissen, was das Beste ist.“
Wissenschaftler der Washington State University (WSU) um Courtney Meehan haben deshalb untersucht, ob das Cannabinoid Tetrahydrocannabinol (THC), die psychoaktive Substanz von Cannabis, über die Muttermilch zum Baby gelangt. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Breastfeeding Medicine haben sie dazu Milchproben von 20 stillenden Müttern, die Cannabis konsumieren, analysiert. Die Proben wurden mindestens 12 Stunden nachdem Cannabiskonsum und mindestens 12 Stunden entnommen. Die Frauen, der Kinder jünger als sechs Monate waren, gaben zudem an, wie oft und wie intensiv sie Cannabis konsumieren.
In allen analysierten Muttermilchproben haben die Forscher nachweisbare Mengen an THC entdeckt. Sie schätzen, dass die Säuglinge durchschnittlich 0,07 mg THC pro Tag aufnehmen. Es ist unklar, ob dies Auswirkung auf den Säugling hat.
„Muttermilch enthält Verbindungen, die Lipide genannt werden, und Cannabinoide sind lipophil, das heißt, sie lösen sich in diesen Lipiden auf. Das könnte bedeuten, dass Cannabinoide wie THC sich in der Milch ansammeln — und potenziell in den Säuglingen, die sie trinken.“
Die THC-Konzentration in der Milch schwankte bei den Probandinnen jedoch stark. Probandinnen, die im Studienzeitraum nur einmal Cannabis konsumieren haben, erreichten den Höhepunkt der THC-Konzentration kurz nach dem Konsum. Bei Probandinnen, die regelmäßig Cannabis konsumieren, nimmt die THC-Konzentration hingegen über den Tag kontinuierlich zu. Im Gegensatz zu Alkohol gibt es somit keine einheitliche Zeitspanne, in der die THC-Konzentration ihren Höhepunkt erreicht und wieder abnimmt.
„Es gab eine solche Bandbreite. Wenn man versucht, das Stillen zu vermeiden, wenn die THC-Konzentration ihren Höhepunkt erreicht, weiß man nicht, wann dieser Punkt in der Milch erreicht ist.“
Journal of Cannabis Research, doi: 10.1186/s42238-023-00212-w
Breastfeeding Medicine, doi: 10.1089/bfm.2024.