Tetrahydrocannabinol (THC)

Cannabis kehrt die Gehirnalterung um

Robert Klatt

Tetrahydrocannabinol (THC) verjüngt das Gehirn )kcotS ebodAsotohpyxxor(Foto: © 

Cannabis erhöht in geringen Mengen die mTOR-Aktivität. Dadurch kommt es zu körperlichen Prozessen, die die biologische Alterung umkehren. In Zukunft könnte die Droge deshalb dabei helfen, die Gehirngesundheit bei alten Menschen zu erhalten.

Bonn (Deutschland). Cannabis beeinflusst die Gesundheit des Menschen laut unterschiedlichen Studien negativ, unter anderem weil es das Psychoserisiko verdoppelt, zu mehr peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) führt und das Risiko für kardiovaskuläre Probleme wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzrhythmusstörungen erhöht. In den letzten Jahren haben Studien jedoch auch positive Gesundheitseffekte der Droge entdeckt, darunter etwa in der Schmerzbehandlung und bei der Behandlung von Depressionen.

Eine Studie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn zeigt nun, dass Tetrahydrocannabinol (THC), also das Cannabinoid, das die psychoaktive Wirkung von Cannabis auslöst, das Gehirn positiv beeinflussen kann und die üblichen Biomarker der Gehirnalterung umdreht.

Cannabis verursacht Anti-Aging-Effekte

Die aktuelle Studie basiert auf einer älteren Untersuchung, laut der Cannabis Anti-Aging-Effekte im Gehirn verursachen könnte. Die Hinweise darauf haben die Forscher bei Tierversuchen mit älteren Mäusen, die niedrige Cannabisdosen erhalten haben, entdeckt. Die Tiere hatten daraufhin eine bessere Lernfähigkeit und ein besseres Gedächtnis, was darauf hindeutet, dass eine Beziehung zwischen der Droge und der kognitiven Leistungsfähigkeit besteht.

Laut der Publikation im Fachmagazin ACS Pharmacology & Translational Science haben die Wissenschaftler in der aktuellen Studie untersucht, wieso Cannabis das Gehirn positiv beeinflusst. Sie haben dabei einen Signalweg entdeckt, an dem mTOR-Protein beteiligt ist. Es handelt sich dabei um ein Protein, das bei allen Säugetieren den Zellstoffwechsel reguliert und die Zusammensetzung von Metabolom, kleinen Molekülen, beeinflusst.

„Wir konnten nachweisen, dass die Behandlung mit THC eine gewebeabhängige und doppelte Wirkung auf die mTOR-Signalübertragung und das Metabolom.“

Höhere mTOR-Aktivität durch THC

Um den Einfluss von Cannabis auf die mTOR-Aktivität zu untersuchen, haben die Forscher erneut Versuche mit Mäusen durchgeführt. Die jungen Tiere im Alter von etwa vier Monaten und die älteren Tiere im Alter von etwa 18 Monaten haben über einen Zeitraum von 28 Tagen täglich eine niedrige Dosis THC erhalten. Anschließend wurde ihre mTOR-Aktivität mit gleichalten Tieren verglichen, die das Cannabinoid nicht erhalten haben. Die mit THC behandelten Tiere aus beiden Altersgruppen hatten eine deutlich höhere mTOR-Aktivität im Gehirn und haben mehr neue Verknüpfungen zwischen ihren Neuronen gebildet.

Außerdem ist bei den Tieren aus der THC-Gruppe die mTOR-Aktivität im Fettgewebe gesunken. Der Körper hat also Prozesse ähnlich reduziert, wie dieser es bei einer kalorienreduzierten Diät tun würde, und zwar auf eine Art, die nachweislich den biologischen Alterungsprozess reduziert.

„Wir kamen zu dem Schluss, dass eine langfristige THC-Behandlung zunächst eine kognitionsfördernde Wirkung hat, indem sie die Energie- und synaptische Proteinproduktion im Gehirn erhöht, gefolgt von einer Anti-Aging-Wirkung, indem sie die mTOR-Aktivität und Stoffwechselprozesse in der Peripherie verringert.“

Die Studie belegt somit, dass THC die Alterung des Gehirns umkehren kann. Laut den Forschern konnte dies dabei helfen, neue Behandlungsansätze zu finden, mit denen die Gehirngesundheit bei alten Menschen erhalten werden kann.

„Unsere Studie legt nahe, dass eine doppelte Wirkung auf die mTOR-Aktivität und das Metabolom die Grundlage für ein wirksames Anti-Aging- und kognitionsförderndes Medikament sein könnte.“

Bis entsprechende Medikamente im klinischen Alltag ankommen, wird es laut den Forschern aber noch lange dauern. Zuvor muss untersucht werden, ob die positiven Effekte auch beim Menschen existieren und ob diese die problematischen Auswirkungen von Cannabis übertreffen.

ACS Pharmacology & Translational Science, doi: 10.1021/acsptsci.4c00002

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