Robert Klatt
Alkoholabhängigkeit kann bisher nur schlecht mit Medikamenten behandelt werden. Nun wurde entdeckt, dass ein Cannabiswirkstoff das Verlangen nach Alkohol stark reduzieren kann.
Mannheim (Deutschland). In Deutschland konsumieren laut dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) etwa 7,9 Millionen Menschen Alkohol in einer gesundheitlich riskanten Form. Die Anzahl der Alkoholiker liegt bei etwa 1,77 Millionen Deutschen. Bisher kann die gefährliche Sucht kaum medikamentös behandelt werden, weil nur wenige Medikamente zugelassen sind und viele Menschen trotz Medikamenten zur Rückfallprävention erneut Alkohol trinken.
In präklinischen Studien wurden Hinweise darauf entdeckt, dass Cannabidiol (CBD), ein Cannabinoid aus der Cannabispflanze, dabei helfen kann, den Alkoholkonsum und das Alkoholverlangen zu reduzieren. Wissenschaftler des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) haben nun untersucht, ob diese Effekte auch beim Menschen auftreten.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Molecular Psychiatry haben sie dazu eine Studie mit 28 Menschen im Alter von 18 bis 60 Jahren mit einer leichten bis schweren Alkoholabhängigkeit durchgeführt. Die Probanden erhielten entweder eine Einzeldosis von800 mg CBD oder ein Placebo. Anschließend haben sie unterschiedliche Experimente absolviert, in denen sie Stress und Alkoholreize bewältigen mussten. Die Probanden haben ihr subjektives Verlangen nach Alkohol dokumentiert und die Forscher haben ihre Gehirnaktivität mit der Magnetresonanztomografie beobachtet.
Die Ergebnisse belegen, dass CBD das Alkoholverlangen stark reduzieren kann. Außerdem hat das Cannabinoid dazu geführt, dass das Belohnungszentrum des Gehirns bei der Ansicht der alkoholbezogenen Bilder weniger aktiv war. Die geringere Aktivität im Nucleus accumbens (NAc) ist mit einem geringeren Alkoholverlangen und einer geringeren Rückfallwahrscheinlichkeit assoziiert.
„Unsere Studie liefert erste und deutliche Hinweise darauf, dass Cannabidiol dazu beitragen kann, das Verlangen nach Alkohol zu verringern und die mit der Sucht zusammenhängende Gehirnaktivität zu verändern.“
Wie die Forscher erklären, sind jedoch noch weitere Studien nötig, etwa um zu untersuchen, ob CBD bei allen Menschen die beobachtete Wirkung zeigt und ob die Effekte lediglich kurzfristig bestehen oder bei einer Alkoholabhängigkeit auch mittel- und langfristig helfen können.
Molecular Psychiatry, doi: 10.1038/s41380-024-02869-y
