Robert Klatt
Cannabiskonsum führt zu einer Ausdehnung der roten Blutkörperchen. Dies erhöht das Thromboserisiko. Außerdem scheint regelmäßiger THC-Konsum die Erythrozyten langfristig zu verändern.
Saarbrücken (Deutschland). Die weibliche Cannabispflanze gehört zu den ältesten Kulturpflanzen des Menschen. In China wurde sie bereits vor 12.000 Jahren angebaut. Beliebt ist Cannabis wegen ihres psychoaktiven Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) sowohl als Droge als auch als Naturheilmittel. Eine Reihe von Studien zeigte unter anderem, dass gegen Ängste und Schmerzen hilft und zur Behandlung von Parkinson und Multipler Sklerose geeignet ist.
Es gibt jedoch auch Untersuchungen, laut denen ein regelmäßiger Cannabiskonsum zu Gesundheitsproblemen wie etwa Schlafstörungen führen kann und das Risiko für Psychosen erhöht. Wissenschaftler der Universität des Saarlandes haben nun die körperlichen Nebenwirkungen des Cannabiskonsums untersucht.
Laut ihrer Publikation im American Journal of Hematology konzentrierte sich das Team um Daniel Flormann bei ihrer Studie darauf, ob und wie sich THC auf die roten Blutkörperchen des Menschen auswirkt. Dazu untersuchten sie die Morphologie der Blutzellen von drei Probanden, die täglich über mehrere Monate zwischen zwei und drei Gramm Cannabis konsumierten. Als Kontrollgruppe dienten drei Nichtraucher. Alle Probanden waren Männer und etwa 35 Jahre alt. Nach der Eingangsuntersuchung erhielt auch die Kontrollgruppe, also die Probanden, die normalerweise kein THC konsumieren, den psychoaktiven Wirkstoff. Anschließend wurde die Untersuchung der Erythrozyten wiederholt.
Die Wissenschaftler konnten dabei beobachten, dass bei beiden Gruppen die Blutzellen unmittelbar, nachdem THC-Konsum deutlich angeschwollen waren. Bei regelmäßigen Cannabiskonsumenten war dieser Effekt jedoch deutlich stärker. „Bei der Breite der roten Blutkörperchen war ein signifikanter Unterschied zwischen den Marihuana-Rauchern und den Nichtrauchern zu sehen“, so Flormann. Etwa eine Stunde nach dem Konsum hatten die Zellen wieder ihre ursprüngliche Form.
Eine Analyse zeigt, dass die Vergrößerung der Erythrozyten ausgelöst wurde, weil THC den Ionenkanal TRPsV2 an den roten Blutkörperchen stimuliert. Normalerweise reguliert dieser Kanal die Aufnahme und Abgabe bestimmter Botenstoffe in die Blutzelle. Durch die stimulierende Wirkung des THC kommt es dazu, dass die Blutzelle mehr Natrium-Ionen aufnimmt uns dadurch Wasser anzieht. „Dadurch schwillt die Zelle an“, erklärt Lars Kaestner.
Weil der Effekt bei regelmäßigen Kiffern deutlich stärker war, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass bei ihnen die TRPV2-Ionenkanäle an den Blutkörperchen langfristig verändert sind. Eine lang anhaltender Cannabiskonsum könnte demnach entweder den Aufnahmemechanismus der Blutzellen verändern oder die Sensitivität erhöhen.
Die Studie zeigt somit, dass das Thromboserisiko durch Cannabiskonsum zunimmt, weil die roten Blutkörperchen, nachdem Kiffen deutlich vergrößert sind. „Dadurch, dass zum einen die Blutzellen größer und runder sind, bleiben sie in kleinen Kapillaren eher stecken. Zudem verengen sich beim Rauchen von Cannabis die Gefäße, was das Risiko für Mikro-Thrombosen ebenfalls erhöht“, konstatiert Kaestner. Ob das kurzzeitige Anschwellen der Erythrozyten eine unmittelbare Gesundheitsgefahr darstellt, sollen weitere Studien untersuchen.
American Journal of Hematology, doi: 10.1002/ajh.26509