Robert Klatt
Computerspiele können bei einem „gesunden Verhältnis“ den Intelligenzquotienten (IQ) bei Kindern erhöhen.
Solna (Schweden). Videospiele haben in Deutschland einen schlechten Ruf. Viele Personen haben die Meinung, dass Gewalt in Computerspielen aggressiv machen kann, obwohl dies durch eine umfassende Studie der Loyola University widerlegt wurde. Kritiker behaupten zudem, dass Videospiele sich negativ auf die Intelligenz auswirken. Eine Studie des Karolinska-Instituts belegt nun das Gegenteil. Videospiele können sich demnach positiv auf den Intelligenzquotienten (IQ) von Kindern auswirken. Die Nutzung sozialer Netzwerke und Fernsehgucken wirkt sich weder positiv noch negativ auf die Intelligenz bei Kindern aus.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Scientific Reports analysierten die Forscher Daten von über 9.000 Schulkindern aus den U.S.A., die im Alter von neun oder zehn Jahren Tests zur Ermittlung ihrer kognitiven Leistung durchliefen. Zudem wurde erfasst, wie lange und womit die Kinder Zeit vor Bildschirmen verbrauchten. Mehr als 5.000 der Probanden absolvierten zwei Jahren nach den ersten psychologischen Tests erneut Tests. Es konnte so überprüft werden, ob und wie sich die kognitiven Fähigkeiten der Kinder verändert haben.
Im Mittel verbrachten die Probanden vier Stunden am Tag vor einem Bildschirm, davon am meisten vor dem Fernseher (2,5 Stunden), gefolgt von Videospielen (1 Stunde) und sozialen Netzwerken (0,5 Stunden). Kinder, die deutlich mehr Zeit mit Videospielen als der Durchschnitt verbrachten, konnten im Studienzeitraum ihren IQ um 2,5 Punkte mehr erhöhen als die übrigen Probanden.
TV-Konsum und soziale Netzwerke haben hingegen keinen signifikanten Einfluss auf den IQ. Dank der Kontrollgruppen haben auch genetische Unterschiede sowie die Bildung und das Einkommen der Eltern deren Einfluss auf das Resultat der Studie. Die Studie zeigt somit, dass bei Kindern Zeit vor dem Bildschirm den IQ nicht reduziert und im Fall von Computerspielen sogar erhöhen kann.
Wie der an der Studie beteiligte Neurowissenschaftler Torkel Klingberg erklärt, gibt es jedoch ein paar einschränkende Bedingungen. Die Studie gilt laut ihm demnach nur bei Kindern in den U.S.A., weil Kinder aus anderen Staaten nicht unter den Probanden waren. Zudem ist anzumerken, dass die Kinder und die Eltern die Bildschirmzeit selbst protokolliert haben. Fehler sind also nicht unwahrscheinlich.
Außerdem erklären die Autoren, dass die Studie nicht die Auswirkungen der langen Bildschirmzeit auf die körperliche Gesundheit, das Wohlbefinden und die schulischen Leistungen der Kinder untersucht hat.
Wie die Psychologin Mona Moisala gegenüber dem Wall Street Journal erklärt, wurden die positiven Auswirkungen von Computerspielen jedoch nur bei Kindern beobachten, die „ein gesundes Verhältnis“ dazu haben. Sie schränkt ein, dass Eltern als Reaktion auf die Studien nicht damit beginnen sollten, ihre Kinder zum längeren Spielen zu animieren. Eine Empfehlung dafür, wie viele Stunden pro Tag ein Kind im Optimalfall mit Videospielen verbringen sollte, gibt es nicht. Wichtig ist laut ihr vor allem, dass die Videospiele sich nicht negativ auf die Zeit mit Freunden, die Ernährung, den Schlaf und die körperliche Aktivität auswirken.
Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-022-11341-2