Robert Klatt
Ab dem kommenden Donnerstag versuchen Wissenschaftler der WHO in China den Ursprung des neuen Coronavirus zu ermitteln. Die chinesische Regierung hat lange versucht diese brisante Untersuchung zu blockieren.
Wuhan (China). Laut einer Mitteilung der chinesischen Gesundheitskommission treffen am 14. Januar 2021 unabhängige Wissenschaftler der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in China ein, die gemeinsam mit lokalen Experten untersuchen sollen, ob die Quelle des Coronavirus SARS-CoV-2 zurückverfolgt werden kann.
We welcome #China's announcement regarding the intl. team examining the origins of virus that causes #COVID19. We look forward to working closely with our 🇨🇳 counterparts on this critical mission to identify the virus source & its route of introduction to the human population.
— Tedros Adhanom Ghebreyesus (@DrTedros) January 11, 2021
Die nun zugelassene Untersuchung gilt als politisch heikel. Laut der WHO hat die chinesische Regierung die Einreise der internationalen Experten für mehrere Wochen verhindert. Anschließend ruderte die Regierung zurück und erklärte, dass lediglich noch einige Vorbereitungen nötig seien, bevor die Untersuchung beginnen kann.
Bis die Untersuchung tatsächlich beginnen kann, vergehen aber noch fast drei Wochen, weil die aus dem Ausland einreisenden Wissenschaftler erst zwei Wochen in Quarantäne verbringen müssen. Das am 12. Februar beginnende chinesische Neujahrsfest sorgt überdies dafür, dass den Wissenschaftlern nur wenige Tage für ihre Untersuchung bleiben. Als wichtigster Feiertag des Landes verursacht das chinesische Neujahr praktisch einen Stillstand, bei dem Institute und Unternehmen fast ausnahmslos geschlossen sind.
Begonnen wird die Untersuchung in der zentral chinesischen Stadt Wuhan, wo SARS-CoV-2 erstmals entdeckt wurde. Aufgrund der politischen Brisanz der Untersuchung wird die Reise sowohl von den beteiligten Wissenschaftlern als auch von der WHO heruntergespielt. In offiziellen Mitteilungen wird deshalb weniger von konkreten Nachforschungen, sondern lediglich von einem Austausch mit den chinesischen Forschern gesprochen, der dazu dienen soll, herauszufinden, ob noch Spuren verfolgt werden können.
Die bald beginnende Untersuchung gilt in China als brisant, weil das Land fürchtet, international als Schuldiger der Pandemie zu gelten, wenn die Wissenschaftler der WHO entsprechende Indizien dafür finden sollten. Chinesische Behörden und Medien verbreiten deshalb seit Monaten Informationen, die für Zweifel an einem Ursprung des Virus in China sorgen sollen.
Unbestätigte Berichte behaupten unter anderem, dass Infektionen mit SARS-CoV-2 bereits vor dem Nachweis des Virus in Wuhan in anderen Ländern auftraten. Dafür sprechen laut chinesischer Propaganda auch Virusspuren auf importierten Tiefkühlwaren, die die Regierung als Hinweis darauf wertet, dass das Virus aus dem Ausland eingeschleppt worden sein könnte.
Die chinesische Regierung fordert von der WHO deshalb, dass ähnliche Untersuchungen nach dem Ursprung des Virus parallel auch in weiteren Ländern erfolgen müssen.
Zhao Lijian, Außenamtssprecher von China: „Während sich die Zeitachse der ersten Fälle beständig zurückbewegt, könnte die Suche nach den Ursprüngen mehr und mehr Länder und Regionen umfassen.“
Experten wie Fabian Leendertz, Epidemiologe vom Robert Koch-Institut (RKI) und Teilnehmer der WHO-Untersuchung halten hingegen Fledermäuse aus Südchina für den wahrscheinlichsten Ursprung des Virus.