Immunsystem aktiviert

Covid-19-mRNA-Impfstoffe machen Immuntherapie gegen Krebs effektiver

 Robert Klatt

mRNA-Impfstoffe helfen in Krebstherapie )kcotS ebodAakniaM sukraM(Foto: © 

Covid-19-mRNA-Impfstoffe lösen eine Reaktion des Immunsystems aus, die die Wirkung von Immuntherapien gegen Krebs deutlich erhöht. Die Überlebensraten der Krebspatienten steigen dadurch stark.

Houston (U.S.A.). Dr. Elias Sayour hat für seine Doktorarbeit personalisierte mRNA-Krebsimpfstoffe für Menschen mit Gehirntumoren entwickelt. Dem Wissenschaftler ist es dabei aufgefallen, dass mRNA-Impfstoffe starke Reaktionen des Immunsystems auslösen können, die dazu führen, dass das Immunsystem auch Krebszellen eliminiert, für die die mRNA nicht gezielt kodiert ist. Forscher des University of Texas MD Anderson Cancer Center haben auf Basis dieser Entdeckung eine Hypothese aufgestellt, laut der auch andere mRNA-Impfstoffe eine ähnliche Wirkung haben könnten.

Weil viele Menschen, während der Covid-19-Pandemie entsprechende mRNA-Impfstoffe erhalten hatten, konnten die Forscher mit einer retrospektiven Analyse untersuchen, ob ihre Theorie korrekt ist. Sie haben dazu untersucht, ob Krebspatienten, die innerhalb von 100 Tagen vor Beginn einer Immuntherapie einen Covid-19-mRNA-Impfstoff erhalten hatten, länger überlebt haben als Patienten, die diese Impfung nicht hatten. Die Daten von über 1.000 Patienten, die zwischen August 2019 und August 2023 behandelt wurden, zeigen, dass geimpfte Patienten im Mittel doppelt so häufig drei Jahre nach dem Beginn der Immuntherapie noch am Leben waren.

„Diese Studie zeigt, dass handelsübliche mRNA-Covid-Impfstoffe das Immunsystem von Krebspatienten trainieren können, um Tumorzellen zu zerstören. „In Kombination mit Immun-Checkpoint-Hemmern erzeugen sie starke antitumorale Reaktionen, die zu massiven Verbesserungen der Überlebensraten führen.“

mRNA-Impfstoffe als Alarmsignal

Um die biologischen Mechanismen besser zu verstehen, haben die Forscher präklinische Experimente durchgeführt. Diese zeigen, dass mRNA-Impfstoffe vom Immunsystem als Alarmsignal gedeutet werden und es in erhöhte Alarmbereitschaft versetzen. Das Immunsystem kann dadurch Tumorzellen besser erkennen und angreifen. Krebszellen reagieren darauf mit der Produktion des sogenannten Immun-Checkpoint-Proteins PD-L1, das ihnen als Schutzschild gegen Immunzellen dient. Die Medizin setzt hier jedoch mit Checkpoint-Hemmern an, die PD-L1 blockieren und die Krebszellen wieder verwundbar machen.

Diese präklinischen Beobachtungen wurden auch in klinischen Daten bestätigt, laut denen geimpfte Patienten eine höhere Immunaktivierung und eine erhöhte PD-L1-Expression in den Tumoren besitzen. Laut den Forschern zeigen diese Ergebnisse, dass Covid-19-mRNA-Impfstoffe das Immunsystem langfristig umprogrammieren, sodass es Krebszellen effektiver bekämpfen kann.

Am stärksten war der Effekt bei Patienten mit sogenannten „kalten“ Tumoren, also Tumoren mit niedriger PD-L1-Expression, die normalerweise kaum auf eine Immuntherapie ansprechen. In dieser Gruppe hat die Impfung die dreijährige Gesamtüberlebensrate nahezu verfünffacht.

„Das wirklich Spannende an unseren Ergebnissen ist, dass sie zeigen, wie einfach verfügbare und kostengünstige Impfstoffe die Wirksamkeit bestimmter Immuntherapien drastisch verbessern könnten. Wir hoffen, dass mRNA-Impfstoffe nicht nur die Erfolgsaussichten bestehender Therapien erhöhen, sondern auch jenen Patienten helfen, deren Krebs bislang resistent gegen Immuntherapie ist.“

Eine kommende Phase-III-Studie soll die Ergebnisse prüfen und untersuchen, ob Covid-19-mRNA-Impfstoffe in Zukunft als Standardkomponente bei Immun-Checkpoint-Therapien eingesetzt werden sollten.

Quellen:

Pressemitteilung des University of Texas MD Anderson Cancer Center

Studie im Fachmagazin Nature, doi: 10.1038/s41586-025-09655-y

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