Robert Klatt
Die Covid-19-Sterblichkeit ist laut einer Modellrechnung mehr als doppelt so hoch wie von der WHO angegeben.
Seattle (U.S.A.). Laut Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind bisher (Stand 07. Mai 2021) an Covid-19 weltweit 3,2 Millionen Menschen gestorben. Das Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) an der School of Medicine der University of Washington in Seattle hat nun errechnet, dass die tatsächlichen Todeszahlen von Covid-19 bereits bei 6,9 Millionen Menschen liegen. Auch in Deutschland gibt es demnach starke Abweichungen. Laut des Robert Koch-Institut (RKI) sind hier 84.400 Menschen an Covid-19 verstorben, laut dem IHME fast 121.000 Menschen.
Ähnliche Abweichungen gibt es laut dem IHME auch für die meisten anderen Länder wie zum Beispiel:
Land | Covid-19-Tote (WHO) | Covid-19-Tote (IHME) |
---|---|---|
USA |
574.000 |
905.000 |
Russland |
109.000 |
593.000 |
Ägypten |
13.500 |
170.000 |
Kasachstan |
5.600 |
82.000 |
Indien |
221.000 |
654.000 |
Es geht dabei nur um Todesfälle, die direkt durch SARS-SoV-2 ausgelöst wurden. Weitere indirekte Todesfälle wie das häufigere Auftreten des plötzlichen Herztods außerhalb von Kliniken während der Covid-19-Pandemie wurden nicht erfasst. Am stärksten betroffen sind von der Covid-19-Pandemie nach Regionen zusammengefasst die Karibik, Lateinamerika, Mittel- und Osteuropa sowie Zentralasien.
Die hohen Abweichungen zwischen den offiziellen Todeszahlen und den vom IHME errechneten Todeszahlen liegen laut den Wissenschaftlern hauptsächlich an den Testkapazitäten. In vielen Ländern werden Covid-19-Todesfälle nicht gemeldet, weil diese nur erkannt oder dokumentiert werden, wenn sie im Krankenhaus oder bei einem Patienten mit einer bestätigten Infektion aufgetreten waren. Verstärkt wird dieses Problem laut dem IHME in vielen ärmeren Regionen durch den schlechten Zugang zu medizinischer Versorgung und die mangelnden Gesundheitsmeldesysteme.
Auch in vielen Ländern mit hohen Ländern wurden Covid-19-Todesfälle von älteren Menschen, besonders wenn diese in Langzeitpflegeeinrichtungen lebten, in den ersten Monaten der Covid-19-Pandemie nicht dokumentiert. Daten aus Ländern wie Ecuador, Peru und Russland liefern laut dem IHME deshalb klar Hinweise darauf, dass eine enorme Diskrepanz zwischen den gemeldeten und tatsächlichen Todesfällen existiert. Dies zeigt, dass die Gesamt-Covid-19-Sterblichkeitsrate deutlich größer ist als in den offiziellen Daten der WHO und der lokalen Gesundheitsbehörden genannt wird.
Das IHME hat deshalb die erwarteten Covid-19-Todesfälle mit einer Modellrechnung, die alle Ursachen auf Basis von Saisonalitäten und Trends vor der Covid-19-Pandemie mit der Anzahl der Todesfälle, während der Covid-19-Pandemie vergleicht, neu ermittelt. Sie konnten so das Maß der Übersterblichkeit, während der Covid-19-Pandemie bestimmen. Abgezogen wurden davon alle Todesfälle, die nur indirekt durch das Virus verursacht wurden.
Laut Dr. Chris Murray, IHME-Direktor hilft das Modell Ländern sich besser auf die Pandemie einzurichten. Die Analyse zeigt überdies, wie problematisch es ist, eine neue und sich schnell verbreitende Viruserkrankung zu erfassen. In Zukunft möchte das IHME deshalb auf Basis des Modells eine wöchentlich aktualisierte Prognose veröffentlichen. Laut den aktuellen Berechnungen könnten demnach im schlimmsten Fall bis September 2021 weltweit mehr als zehn Millionen Menschen an Covid-19 gestorben sein.