Robert Klatt
Eine akute Mittelohrentzündung kann in der Regel ohne Antibiotika behandelt werden. Nebenwirkungen lassen sich durch den Einsatz natürlicher Hausmittel somit vermeiden.
Berlin (Deutschland). Eine akute Mittelohrentzündung (Otitis media) wird in den meisten Fällen durch eine Erkältung ausgelöst. Zu ihren Symptomen gehören starke Ohrenschmerzen, Fieber, eine Hörminderung und bei Kindern auch Übelkeit und Bauchschmerzen. Besonders anfällig für eine Entzündung des Mittelohrs sind Babys und Kleinkinder, bei denen die Eustachische Röhre noch nicht voll ausgebildet ist. Diese auch als Ohrtrompete bekannte Verbindung zwischen dem Nasen-Rachenraum und dem Mittelohr erleichtert es Krankheitserregers in das Ohr zu gelangen. Außerdem macht das noch nicht ausgereifte Immunsystem junge Menschen gegenüber Mittelohrentzündungen anfälliger.
Ärzte setzen bei einer Mittelohrentzündung häufig Antibiotika ein. Eine im Fachmagazin Cochrane Systematic Review publizierte Metastudie hat jedoch gezeigt, dass diese starken Medikamente oft zur Heilung nicht nötig sind und deshalb aufgrund ihrer möglichen Nebenwirkungen nicht pauschal verschrieben werden sollten. Auch die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) empfiehlt aufgrund der schweren Differenzierung zwischen bakterieller und viraler Genese, dass nur bei besonderen Symptom- und Zeitkonstellation Antibiotika eingesetzt werden sollten. Stattdessen können natürliche Hausmittel Mittelohrentzündungen häufig innerhalb weniger Tage heilen.
Das wohl am häufigsten genutzte Hausmittel gegen eine akute Mittelohrentzündung sind Zwiebelsäckchen, die als Kompressen auf die Ohren gelegt werden. Die in der Zwiebel enthaltenen ätherischen Öle besitzen eine antibakterielle Wirkung, die bei einer bakteriellen Genese schnell Abhilfe schafft. Außerdem sorgen Zwiebelsäckchen, die mit einem Stirnband oder Schal am Kopf fixiert werden sollten, für eine angenehme Wärme, die den Schmerz lindert.
Erwachsene können zur Verstärkung der Wirkung zusätzlich Knoblauch oder Kamille nutzen, bei Kindern sollten aufgrund der schlechten Verträglichkeit auf diese Zutaten allerdings verzichtet werden. Zur besseren Freisetzung der ätherischen Öle sollten Zwiebelsäckchen mithilfe von Wasserdampf erwärmt werden. Alternativ können die Zwiebeln auch leicht angebraten werden, bevor man sie ins Zwiebelsäckchen gibt.
Personen, die den starken Zwiebelgeruch nicht vertragen, können alternativ auch Kartoffelsäckchen nutzen, die warmen Kartoffelbrei enthalten. Diese setzen zwar keine antibakteriellen Öle frei, können die Heilung durch die abgegebene Wärme aber trotzdem unterstützen. Besonders bei Kindern sollte allerdings darauf geachtet werden, dass die Ohren nicht zu stark erhitzen.
Viele Heilpflanzen besitzen wie Zwiebel Inhaltsstoffe mit entzündungshemmender oder schmerzlindernder Wirkung. Zusätzlich stärken sie die natürlichen Selbstheilungskräfte des Menschen und eignen sich deshalb hervorragend zur Behandlung einer Mittelohrentzündung. Üblicherweise sorgen die folgenden Heilpflanzen bereits nach wenigen Stunden für eine deutliche Verbesserung der Symptome:
Sollten die Heilpflanzen nicht verfügbar sein, kann alternativ auch ein homöopathisches Mittel wie Otovowen genutzt werden, das aus pflanzlichen Inhaltsstoffen hergestellt wird. Homöopathische Mittel machen überdies durch ihre Kombination verschiedener Heilpflanzen und die daraus resultierende Breitbandwirkung eine detaillierte Anamnese überflüssig. Im Falle einer Mittelohrentzündung erspart dies das Ausprobieren unterschiedlicher Heilpflanzen.
Bei mittleren und starken Krankheitsverläufen kann es dazu kommen, dass Zwiebel- oder Kartoffelsäckchen nicht ausreichend Wärme abgeben. In diesen Fällen kann die Behandlung durch stärkere Wärmequellen unterstützt werden. Besonders geeignet sind hierfür Rotlichtlampen oder Wärmekissen. Sollten diese nicht zur Verfügung stehen, kann aber auch eine erwärmte Kartoffel genutzt werden. Wichtig ist bei allen Wärmequellen eine Kontrolle der Temperatur, um Verbrennungen der empfindlichen Haut am Ohr zu vermeiden.
Sollte es bei einer akuten Mittelohrentzündung zu begleitenden Fieber kommen, können Wadenwickel unterstützend zur Fiebersenkung genutzt werden. Nötig sind dafür lediglich:
Ein Wadenwickel besteht im inneren aus dem kleinen Handtuch, das mit dem kühlen Wasser befeuchtet wird. Anschließend wird damit die Wade bedeckt und das zweite größere Handtuch wird zur Fixierung genutzt. Alle fünf bis zehn Minuten wird das kleine Handtuch erneut durch neues Wasser heruntergekühlt. In der Regel reichen zwei bis drei Wiederholungen zur Fiebersenkung aus.
Bei Wadenwickeln ist darauf zu achten, dass bei Kindern die Wassertemperatur maximal 10 Grad unterhalb der Körpertemperatur liegt. Personen, die trotz Fieber frieren oder kalte Füße haben, sollten nicht mit Wadenwickeln behandelt werden, weil dies ein Hinweis darauf ist, dass das Fieber noch steigt. Als Faustregel hat sich deshalb etabliert, dass Wadenwickel nur genutzt werden, wenn alle Gliedmaßen warm sind.
Wissenschaftler von Cochrane haben zusätzlich untersucht, ob sich Probiotika zur Verbeugung einer Mittelohrentzündung eignen. Die im Fachmagazin Cochrane Systematic Review publizierte Metastudie basiert auf 17 randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt 3.488 Kindern. Die Probanden wurden dabei in Kinder unterteilt, die zu akuten Mittelohrentzündungen neigen und Kindern, die nicht überdurchschnittlich anfällig für diese Erkrankung sind.
Laut den Studiendaten können die Probiotika enthaltenen „gesunden Bakterien“ bei nicht zu Mittelohrentzündungen neigenden Kindern Erkrankungen um ein Drittel reduzieren. Bei Kindern, die zu akuten Mittelohrinfektionen neigen, haben Probiotika hingegen keine Wirkung.
Cochrane Systematic Review, doi: 10.1002/14651858.CD000219.pub4
Cochrane Systematic Review, doi: 10.1002/14651858.CD012941.pub2