Robert Klatt
Das Deaktivieren bestimmter Hirnregionen mithilfe der transkraniellen Gleichstromstimulation kann die Kreativität des Menschen erhöhen.
Bremen (Deutschland). Die neurobiologischen Grundlagen der Kreativität, die die Grundlage für künstlerische Arbeiten und neue Entwicklung darstellt, konnte die Wissenschaft bis heute kaum erforschen. Laut einer im Fachmagazin Brain Structure and Function publizierten Studie ist es einem Team der Jacobs University Bremen nun gelungen das Kreativitätslevel von Menschen durch gezielte Gehirnstimulation zu erhöhen.
Die Probanden der Studie mussten probieren, für ein Problem mehrere Lösungen zu finden. Eine der im Experiment gestellten Aufgaben bestand zum Beispiel darin verschiedenste Möglichkeiten zur Nutzung eines Ziegelsteins und einer Büroklammer zu finden. Wie Radwa Khalil, Erstautorin der Studie erklärt, wurde die Kreativität einer Person anhand der Anzahl und der Ausgefallenheit der Lösungen bewertet.
Während die Probanden die Aufgaben bearbeiteten, beobachteten die Wissenschaftler parallel deren Gehirnaktivitäten. Laut Ben Godde, Professor für Neurowissenschaften und Co-Autor der Studie „ist Kreativität nicht einer bestimmten Gehirnregion zuzuordnen.“ Vorherige Studie haben aber bereits belegt, dass Menschen, deren linke Gehirnhälfte zum Beispiel durch einen Schlaganfall geschädigt wurden, kreativer werden.
Die Wissenschaftler simulierten diesen Effekt während des Experiments mithilfe der sogenannte transkranielle Gleichstromstimulation. Dabei wird die Aktivität in einzelnen Hirnregionen durch elektrischen Strom unterdrückt, während andere Regionen aktiviert werden. Laut Radwa Khalil „waren die Probanden mit einer aktiven rechten Gehirnregion eindeutig kreativer.“
Überdies untersuchten die Forscher, ob das Deaktivieren einzelner Regionen des Gehirns einen Einfluss auf inhibitorischen Kontrolle, also die Fähigkeit zur Kontrolle von Gedanken und Reaktionen, hat. Ahmed Karim Co-Autor der Studie erklärt, dass „die Studie zum ersten Mal zeigt, dass Kreativität mit Impulskontrolle zusammenhängen.“ Dies führt laut den Studienautoren dazu, dass Menschen mit einer geringeren Impulskontrolle nicht nur in sozialen Situationen öfter Probleme bekommen, sondern auch dazu, dass sie kreative Problemlösungen nur schwer finden.
Das Ziel des Forschungsprojektes ist es neurobiologischen Vorgänge der Kreativität besser zu verstehen. Laut Radwa Khalil soll dies dazu genutzt werden, Kreativität gezielter zu fördern, zum Beispiel durch spezielle Trainingsmethoden.
Brain Structure and Function, doi: 10.1007/s00429-020-02081-y