Lunge gefährdet

Erstes Hybridvirus aus Influenza-A und RSV entdeckt

Robert Klatt

Hybridvirus aus Influenza-A und RSV )wogsalG tätisrevinU(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Forscher haben zufällig ein Hybridvirus aus Influenza-A und dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) entdeckt
  • Durch die Fusion der beiden Viren kann der Grippevirus die RSV-Oberflächenproteine nutzen, dadurch das Immunsystem umgehen und tiefer in die Lunge eindringen als das saisonale Grippevirus
  • Es kann dadurch zu deutlich schwereren Krankheitsverläufen kommen

Ein neu entdecktes Hybridvirus aus Influenza-A und dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) kann tiefer in die Lunge eindringen und deutlich schlimmere Krankheitsverläufe auslösen als das saisonale Grippevirus.

Glasgow (Schottland). Wissenschaftler der University of Glasgow haben bei einem Laborexperiment zufällig ein völlig neues Hybridvirus entdeckt. Das Team um Pablo Murcia und Joanne Haney vom Center for Virus Research wollte eigentlich die Wechselwirkungen zwischen Viren analysieren. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature Microbiology infizierten sie dazu menschliche Lungenzellen gemeinsam mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) und Influenza-A. Als Kontrollgruppe dienten Lungenzellen, die jeweils nur mit einem der Viren infiziert wurden.

Anschließend konnten die Forscher unter dem Mikroskop fadenförmige Strukturen entdecken, bei denen es sich um einen Hybridvirus aus Influenza-A und RSV handelte. Wie Murcia gegenüber dem Guardian berichtet, war ein solcher Hybridvirus zuvor unbekannt.

„Diese Art von Hybridvirus wurde noch nie zuvor beschrieben. Es handelt sich um Viren aus zwei völlig unterschiedlichen Familien, die sich mit den Genomen und den externen Proteinen beider Viren verbinden. Es handelt sich um eine neue Art von Viruserregern.“

Influenza-A nutzt RSV-Oberflächenproteine

Im Hybridvirus verwendet der Influenza-A-Erreger RSV-Oberflächenproteine. Die Influenza-A-Partikel können dadurch das Immunsystem umgehen und so besser in den menschlichen Körper eindringen. Die Fusion der beiden Viren ermöglicht es Influenza-A, eine größere Anzahl an menschlichen Zellen zu infizieren. Influenza-A kann sich somit auch auf Zellen ausbreiten, die keine Influenza-Rezeptoren besitzen und dadurch tiefer in die Atemwege und in die Lunge eindringen.

RSV verliert Replikationsfähigkeit

Der RSV ist im Hybridvirus hingegen der Verlierer, weil seine Replikationsfähigkeit durch die Influenza-A-Partikel stark gehemmt wird.

Laut den Wissenschaftlern besteht das Risiko des Hybridvirus deshalb hauptsächlich darin, dass es tiefer in die Lunge eindringen kann als das saisonale Grippevirus. Das Risiko für schwere Verläufe nimmt dadurch stark zu. Die Autoren erklären zudem, dass das Laborexperiment nur beschränkt aussagekräftig ist, weil „es die räumliche und physiologische Komplexität des gesamten Respirationstrakts nicht vollständig erfassen kann.“

Warnung vor parallelen Infektionen

Ihre Entdeckung sehen die Forscher als „einen weiteren Grund, sich nicht mit mehreren Viren anzustecken.“ Sie halten es für denkbar, dass noch weitere Hybridviren existieren, die die Medizin bisher nicht entdeckt hat. Die Virologin Joanne Haney ist deshalb der Meinung, dass parallele Infektionen mit mehreren Viren besser untersucht werden sollten.

„Atemwegsviren existieren als Teil einer Gemeinschaft vieler Viren, die alle auf dieselbe Körperregion abzielen, wie eine ökologische Nische. Wir müssen verstehen, wie diese Infektionen im Zusammenhang miteinander auftreten, um ein umfassenderes Bild von der Biologie jedes einzelnen Virus zu erhalten.“

Nature Microbiology, doi: 10.1038/s41564-022-01242-5

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