Dennis L.
In Deutschland leiden etwa 1,4 Millionen Menschen unter kreisrunden Haarausfall. Bisher gab es keine zuverlässige Therapie gegen den krankhaften Haarverlust, doch Forscher aus Deutschland verfolgen nun einen völlig neuen Ansatz und wollen den kreisförmigen Haarausfall nun mit wirkstoffbeladenen Nanopartikeln behandeln.
Saarbrücken (Deutschland). Kreisrunder Haarausfall (auch Alopecia areata, Alopecia circumscripta, Areata celsis oder Pelade genannt) ist eine Autoimmunerkrankung und ist tatsächlich die häufigste Haarausfallerkrankung weltweit. Rund 1,4 Millionen Menschen in Deutschland und etwa zwei Prozent der Weltbevölkerung leiden unter kreisrunden Haarausfall, der bevorzugt im zweiten und dritten Lebensjahrzehnt auftritt. Der kreisförmige Haarverlust tritt dabei lokal auf und betrifft zu mehr als 80 Prozent die Kopfhaare. In wenigen Fällen kommt es bei Männern auch zum kreisrunden Ausfall der Barthaare oder der Körperbehaarung.
Typisch für Alopecia areata ist eine oder sind mehrere kreisförmige kahle Stellen auf der Kopfhaut. Am Rand der kahlen Stelle finden sich häufig sogenannte Ausrufezeichen-Haare. Dabei handelt es sich um recht kurz abgebrochene Haare, die am Ende immer dünner werden. Begleitet werden die kreisförmigen kahlen Stellen am Kopf oft von Veränderungen der Fingernägel, die dann plötzlich aufgeraut sind, Grübchen oder Rillen besitzen.
Die Ursache für einen kreisrunden Haarausfall ist eine Autoimmunerkrankung, die durch cytotoxische CD8+-T-Zellen hervorgerufen wird, die wiederum die Haarfollikel angreifen. Nicht dauerhafter, sondern zeitlich begrenzter kreisrunder Haarverlust ist oft auf bestimmte Hautinfektionen zurückzuführen. Hierzu zählen vor allem:
Neben der Autoimmunerkrankung und der Hautinfektion gibt es noch eine Sonderform des kreisrunden Haarausfalls, der Frauen zwischen 30 und 55 Jahren betrifft. Diese Form des Haarverlustes wird als Alopecia areata atrophicans bzw. als Pseudopelade Brocq und ist nach heutigem Stand der Wissenschaft schleichend, fortschreitend und irreversibel.
Ein Bluttest kann die Gewissheit bringen, dass es sich bei dem kreisrunden Haarausfall tatsächlich tatsächlich um eine Form von Alopecia areata handelt. Aber auch wenn die Diagnose schnell gestellt ist, so gestaltet sich die Therapie oft schwierig. „Über Entzündungen auf der Kopfhaut werden Botenstoffe freigesetzt, die den Haarfollikeln mitteilen, keine Haare mehr zu produzieren“, erklärt Professor Dr. Thomas Vogt vom Universitätsklinikum Homburg. Es gibt viele Ansätze zur Behandlung die von sehr hochwertigen Produkten, welche den Haarausfall stoppen können, bis hin zu ärztlich verschriebenen Wirkstoffkombinationen oder Heilpraktikern reichen. Eine Garantie für eine erfolgreiche Behandlung gibt es bis dato jedoch nicht. Die einzige Hoffnung für Betroffene ist, dass der kreisrunde Haarausfall in den meisten Fällen wieder von ganz alleine verschwindet und die Haare mit der Zeit nachwachsen.
In einem Kooperationsprojekt der Universität des Saarlandes und des Helmholtz-Zentrum für Pharmazeutische Forschung wollen die beteiligten Wissenschaftler einen völlig neuen Ansatz bei der Behandlung von Alopecia areata ausprobieren. Bei der entzündlich bedingten, reversiblen Form des kreisrunden Haarausfalls, wollen die Forscher Nanopartikel, welche eine Wirkstoffkombination mit sich tragen, gezielt zu den Haarfollikel steuern.
„Um die Arzneimittelbelastung des Körpers zu minimieren, wäre es von Vorteil, die Wirkstoffe direkt an ihren Wirkungsort, nämlich in die Haarfollikel, zu bringen“, erläutert Professor Dr. Claus-Michael Lehr. Die Forscher wollen versuchen, dies mit biologisch abbaubaren Nanopartikeln zu erreichen. Dass dies grundsätzlich funktionieren kann, hat eine Studie anderer Forscher gezeigt, die in der Vergangenheit erfolgreich Tests mit Haaren am Unterarm durchgeführt haben. Ob dieser Ansatz auch am Kopf funktioniert, war bisher jedoch völlig unklar.
Die Forscher haben ihre Nanopartikel aus biologisch abbaubaren, biokompatiblen Polymeren zusammengesetzt und sie mit einem fluoreszierenden Farbstoff markiert. So konnten sie nachweisen, dass die Nanopartikel tatsächlich die kahlen kreisrunden Stellen am Kopf erreichen. „Die Nanopartikel lagern sich im oberen Teil der Haarfollikel ab“, so die Forscher. Anhand dieser Tatsache gehen sie davon aus, dass die mitgeführte Wirkstoffkombination am Bestimmungsort kontrolliert freigesetzt werden wird und dort an den Grund des Haarfollikels diffundiert und von den follikulären Epithelzellen und den Immunzellen aufgenommen wird, wie die Forscher im Journal of Investigative Dermatology berichten.
Im nächsten Schritt ihrer Studie wollen die Forscher ihre Nanopartikel tatsächlich mit dem Wirkstoff beladen und anschließend die Ergebnisse zu vergleichen um so schon bald das Mittel gegen kreisrunden Haarausfall ganz gezielt am Bestimmungsort abzusetzen. Dies belastet den Körper weniger und soll einen bestmöglichen Therapieerfolg garantieren.
Journal of Investigative Dermatology, doi: 10.1016/j.jid.2019.05.028