Robert Klatt
Der Schaum der Tungara-Frösche ist überaus stabil. Er soll deshalb als Basis für einen neuen Wundverband dienen, der über mehrere Tage Medikamente freisetzt.
Glasgow (Schottland). Tungara-Frösche erzeugen während der Paarungszeit einen Schaum, mit dem sie ihren Laich und ihre Nachkommen vor Fressfeinden und vor dem Austrocken schützen. Im Jahr 2010 haben Forscher auf Basis dieses Schaums ein Material entwickelt, das CO2 aus der Luft aufnimmt und daraus Zucker erzeigt, aus dem dann Biokraftstoff hergestellt werden kann. Das Team David Wendell erhielt dafür den Earth Award.
Weil der Schaum der Tungara-Frösche ungewöhnlich stabil ist und auch bei Stürmen und Regenschauern nicht zerfällt, haben sich auch andere Forscher mit ihm beschäftigt. Dazu gehört Paul Hoskisson, Molekularmikrobiologe von der University of Strathclyde, der mit seinem Team Proben des Schaums in den Urwäldern auf der Karibikinsel Trinidad sammelte.
Die anschließende Analyse ergab laut ihrer Publikation im Journal Royal Society Open Science, dass der Schaum aus sechs Proteinen besteht, die muschelschalenartig angeordnet sind. Die wasserabstoßende Seite der Moleküle zeigt dabei nach außen, die wasserliebende Seite nach innen. Laborexperimente zeigen, dass der Schaum problemlos einer Windgeschwindigkeit von 45 Kilometern pro Stunde standhält. Eischnee zerfällt bereits bei deutlich geringeren Kräften.
Laut Hoskisson lässt sich der Schaum der Tungara-Frösche aufgrund seiner besonderen Eigenschaften auch in der Medizin nutzen, weil die kleinen Blasen sich gut als Behälter für Medikamente eignen. Der Schaum ähnelt somit medizinischen Schaumstoffen, aus denen Verbände für die Behandlung von Narben und Wunden hergestellt werden. Diese geben Medikamente wie etwa Antibiotika ab und schützen den Patienten dadurch vor Infektionen, müssen bisher aber alle paar Stunden gewechselt werden. Die dabei entstehende mechanische Beanspruchung stört jedoch den Heilungsprozess.
Der Wissenschaftler möchte deshalb auf Basis des Froschschaums einen neuen Wundverband entwickeln, der über mehrere Tage Medikamente abgibt. Die Intervalle zwischen den Verbandwechseln, bei denen Keime eindringen könnten, werden somit deutlich größer.
Um die Nutzbarkeit des Schaums zu untersuchen, führte Hoskisson Experimente mit menschlichen Hautzellen auf. Die Wissenschaftler füllten die bis zu drei Millimeter großen Blasen des Schaums dazu mit dem Antibiotikum Rifampicin. Dieses wurde dann über sieben Tage aus dem Froschschaum abgegeben. Die Hautzellen teilten sich währenddessen weiterhin normal und wurden in ihrer Funktion nicht durch den Froschschaum beeinträchtigt. Hoskisson möchte nun den superstabilen Froschschaum von Mikroben künstlich herstellen lassen. Bis ein marktreifer Wundverband entsteht, ist laut ihm aber noch weitere Forschung nötig.
Royal Society Open Science, doi: 10.1098/rsos.210048