Abwehrzellen im Bauchfett

Gefährliche Immunantwort durch fettige Ernährung

Robert Klatt

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Eine fettige Ernährung löst eine gefährliche Reaktion des Immunsystems im Bauchfett aus, die das Risiko für Diabetes und weitere Krankheiten erhöht.

München (Deutschland). Die Medizin hat schon vor Langem entdeckt, dass zu viel Bauchfett das Risiko für unterschiedliche Krankheiten deutlich erhöht. Das überschüssige Fett zwischen den Organen des Bauchraums fördert etwa Entzündungen und begünstigt langfristig das metabolische Syndrom sowie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Davon ist jedoch nicht jeder Mensch mit Übergewicht gleichermaßen betroffen.

Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) haben nun entdeckt, dass die potenziell krank machende Immunprozesse im Bauchfett primär durch eine besonders fettreiche Ernährung ausgelöst werden. Entscheidend sind laut den Forschern um Susanne Stutte die plasmazytoiden dendritischen Zellen (pDCs).

Abwehrzellen im Bauchfett

Es handelt sich dabei um Abwehrzellen, die potenziell gefährliche Veränderungen und Viren mit entzündungsfördernden Botenstoffe bekämpfen. „Die Bildung von plasmazytoiden dendritischen Zellen ist vorwiegend auf das Knochenmark beschränkt, von wo sie ins Blut und ins Lymphsystem auswandern und durch den Körper patrouillieren“, so Stutte. Studien zeigten jedoch kürzlich, dass diese Abwehrzellen auch in das Bauchfett einwandern könnten.

Die Forscher der LMU haben laut ihrer Publikation im The Journal of Immunology detailliert untersucht, ob und wie das Verhalten der pDC-Immunzellen durch die Ernährung beeinflusst wird. Sie führten dazu Experimente mit Mäusen durch, die entweder normales oder ein sehr fettreiches Futter erhielten. Nach drei Wochen wurde mit Fluoreszenzmarkern und anderen zellbiologischen Methoden untersucht, welche Prozesse im viszeralen Fett der der Mäuse abliefen.

Immunologische Veränderungen im Bauchfett

Bereits nach drei Wochen führte die fettreiche Ernährung zu deutlich mehr Bauchfett. Zudem konnten immunologische Veränderungen im Fettgewebe beobachtet werden. Eine fettreiche Ernährung führt demnach dazu, dass mehr pDC-Abwehrzellen in das viszerale Fett einwandern. Diese bilden dort fettassoziierte lymphoide Clustern (FALC), die immunologisch stark aktiv werden können.

Außerdem kam es durch die Ernährung zu deutlich mehr dendritischen Abwehrzellen in weiteren Organen. „Unsere Untersuchung enthüllte eine systemische pDC-Reaktion mit erhöhten Zellzahlen in Blut, Leber, Milz, Knochenmark und viszeralem Fett bei fettreicher Ernährung“, erklären die Autoren.

pDC-Immunzellen durch fettreiche Nahrung aktiviert

Die fettreiche Nahrung sorgte bei den Tieren zudem dafür, dass die pDC-Immunzellen aus ihrem „Standby-Modus“ aktiviert wurden. „Die In-vivo-Bildgebung zeigte eine Beschleunigung im Wanderungstempo dieser Zellen nach einer fettreichen Mahlzeit. Das deutet darauf hin, dass sie von einem stationären Ruhemodus in den aktiven Scanning-Modus übergehen“, erklären die Wissenschaftler.

Gleichzeitig setzten die Abwehrzellen mehr Botenstoffe frei, darunter auch das entzündungsfördernde Interferon-1. „Diese schnelle Interferon-1-Ausschüttung durch die pDC-Immunzellen ist charakteristisch für die frühe Reaktion des Körpers auf Störungen des Stoffwechsel-Gleichgewichts“, so die Forscher. Wenn dieser Prozess über eine längere Zeit anhält, kommt es zu einer Deregulierung des Stoffwechsels, was wiederum zum metabolischen Syndrom und Diabetes führen kann.

Ernährung entscheidend für die Gesundheit

Die Studie zeigt somit, dass nicht nur Übergewicht unsere Gesundheit und unser Immunsystem beeinflusst, sondern dass auch die tägliche Ernährung entscheidend für die Gesundheit ist. „Diese zuvor unbekannte Modulation der pDC-Zellen durch eine fettreiche Kost wirft ein neues Licht darauf, wie unsere tägliche Ernährung die komplexe Wechselwirkung von Immunsystem und Fettgewebe beeinflusst“, konstatieren die Studienautoren.

Die Erkenntnisse könnten sich laut ihnen jedoch auch als Basis für neue therapeutische Ansätze eignen. „Wenn man etwa verhindern könnte, dass pDCs ins Fett gelangen, könnte man möglicherweise auch die resultierenden Folgeerkrankungen verhindern“, erklärt Barbara Walzog.

The Journal of Immunology, doi: 10.4049/jimmunol.2100022

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