Robert Klatt
Kontaktlinsen geben im Sonnenlicht Mikroplastikpartikel an das Auge ab. Aufgrund der unklaren Gesundheitsrisiken empfehlen die Autoren, bei starker Sonneneinstrahlung keine Kontaktlinsen zu nutzen.
Nanjing (China). Menschen nehmen laut einer Studie der Universität von Victoria bis zu 200.000 Mikroplastikpartikel pro Jahr auf. Ein Großteil davon stammt aus Fisch und Meeresfrüchten sowie PET-Flaschen. Wissenschaftler der Nanjing University um Bing Wu haben nun entdeckt, dass die Nutzung von Kontaktlinsen dazu führen kann, dass Mikroplastik durch Sonneneinstrahlung über die Augen in den menschlichen Körper gelangt.
Laut der Publikation im Fachmagazin Environmental Science & Technology haben die Forscher sechs Typen von wiederverwendbaren Kontaktlinsen von unterschiedlichen Produzenten analysiert. In den Experimenten wurden die Kontaktlinsen über eine Zeitspanne von zehn Stunden gründlich gewässert. Eine Untergruppe der Linsen wurde für denselben Zeitraum mittels Sonnenlichtlampen bestrahlt, während eine Kontrollgruppe davon unbelichtet blieb.
Anschließend haben die Forscher die Wasserproben nach 30 und nach 90 Tagen auf Mikroplastik untersucht. Sie nutzten dazu eine neu entwickelte Methode, bei der Mikrofotos des Wassers angefertigt werden. Ein spezifisches Screeningsystem berechnet dann anhand der Aufnahmen den Mikroplastikgehalt des Wassers.
Die Analyse der Wasserproben ergab unterschiedlich hohe Mengen an Mikroplastikpartikeln. Dabei tendierten Tageslinsen dazu, mehr dieser Partikel freizusetzen als solche, die für einen Monat ausgelegt sind. Infolgedessen war die Konzentration von Mikroplastik in den Proben umso höher, je geringer die vorgesehene Nutzungsdauer der Linsen ausfiel.
Die Forscher leiten aus den Daten ab, dass Menschen, die ihre Kontaktlinsen täglich zehn Stunden aufsetzen, im Durchschnitt über 90.000 Mikroplastik-Partikel pro Jahr aufnehmen. Des Weiteren gehen sie davon aus, dass Sonnenlicht dazu führen könnte, dass sich diese Partikel von den Linsen ablösen. In den Vergleichsproben, die keiner Bestrahlung durch die Sonnenlichtlampe ausgesetzt waren, ließen sich hingegen keine Mikropartikel nachweisen.
Ob und welche Gesundheitsfolge Mikroplastik beim Menschen hat, ist noch unklar. Laut Studien können die Partikel die Blut-Hirn-Schranke durchbrechen und zum Zelltod der Mikrogliazellen (Abwehrzellen) des Gehirns führen sowie die Zellmembran mechanisch destabilisieren. Die Studienautoren empfehlen deshalb, bei starker Sonneneinstrahlung keine Kontaktlinsen zu nutzen.
Environmental Science & Technology, doi: 10.1021/acs.est.3c01601