Robert Klatt
Herzmuskelentzündung durch eine Covid-19-Erkrankung sind etwa 1.000 Mal häufiger als Herzmuskelentzündung als Impfnebenwirkung.
Wien (Österreich). In Österreich wurden laut Daten des Gesundheitsministeriums bisher 17,5 Millionen Impfungen gegen Covid-19 verabreicht. Ein Bericht des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) zeigt, dass dadurch bei 186 Menschen eine Myokarditis (Herzmuskelentzündung) aufgetreten ist.
Überdies sind vier Menschen zwischen 71 und 88 Jahren mit Herzkrankheiten nach einer Impfung verstorben. Die Todesursache konnte in diesen Fällen aber nicht unmittelbar auf eine Myokarditis zurückgeführt werden, erklärt Barbara Tucek vom BASG.
In Österreich traten die Herzmuskelentzündungen nach einer Impfung meist bei jungen Männern auf. „Es wurde beobachtet, dass vor allem bei jüngeren Männern unter 30 und vor allem nach der zweiten Dosis innerhalb von zwei Wochen sehr selten Fälle von Myokarditis, aufgetreten sind. Die sind in der Regel mild verlaufen und ohne Folgen“, erklärt Tucek. Die bestätigen auch zwei Studien aus den U.S.A. und Hongkong, laut denen die Herzmuskelentzündungen nach einer Impfung in den meisten Fällen mild verlaufen.
Wissenschaftler des Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta analysierten laut einer Publikation im Fachmagazin JAMA Impfungen mit einem mRNA-Impfstoff von BioNTech/Pfizer oder Moderna, die in den U.S.A. zwischen Dezember 2020 und August 2021 erfolgten.
Bei 1.626 der 192.405.448 geimpften Personen kam es zu einer Herzmuskelentzündung. Im Mittel waren die Betroffenen 21 Jahre alt. Ein Großteil (80 %) waren Männer. Zu Todesfällen kam es bei unter 30-Jährigen durch eine Myokarditis nach einer Covid-19-Impfung laut den Daten des CDC nicht. Die Autoren empfehlen daher im Anbetracht des nur minimal höheren Risikos für eine Herzmuskelentzündung zu bedenken, dass eine Impfung das Risiko an Covid-19 zu sterben oder schwer zu erkranken deutlich reduziert.
Eine Studie der Hongkong University, die im Fachmagazin Annals of Internal Medicine veröffentlicht wurde, hat generell untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen dem chinesischen mRNA-Impfstoff mit Sinovac und Herzentzündung gibt. Im Rahmen der Studie wurde überdies verglichen, ob das Risiko für Herzentzündung und dabei speziell für Herzmuskelentzündung sich bei der mRNA-Impfung von BioNTech/Pfizer, der mRNA-Impfung von Sinovac und beim Totimpfstoff von Sinovac unterscheidet.
Laut der Analyse nimmt das Risiko für eine Herzmuskelentzündung bei männlichen Erwachsenen nach der zweiten Dosis mit BioNTech/Pfizer minimal zu. Bei 100.000 Impfungen kommt es demnach zu einer Herzentzündung. Sinovac soll das Risiko hingegen nicht erhöhen.
Insgesamt kam es bei den in Hongkong analysierten Daten zu 20 Fällen einer Herzentzündung nach einer Impfung. Ein Todesfall wurde jedoch nicht gemeldet und keiner der Patienten musste intensivmedizinisch versorgt werden. Gleichzeitig wurden im Studienzeitraum 133 ungeimpfte Personen mit Covid-19 auf der Intensivstation behandelt, bei denen es zu 14 Herzentzündungen kam. 12 der 133 Patienten verstarben.
Auch die dritte Impfung hat laut Daten des BASG bisher nicht zu einem Anstieg der Fälle von Myokarditis geführt. „Eine dritte Impfung steigert nicht weiter die Gefahr einer Myokarditis, im Vergleich zur ersten oder zweiten Impfung“, so Tucek.
Insgesamt tritt bei allen Impfstoffen eine Herzmuskelentzündung als Impfnebenwirkung deutlich seltener auf als nach einer Covid-19-Erkrankung. Wie Mariann Gyöngyösi von der Medizinischen Universität Wien erklärt, ist eine CoV-verursachte Myokarditis etwa 1.000 Mal häufiger als eine mRNA-Myokarditis. Hinzukommt, dass die Herzmuskelentzündungen nach einer Impfung in 99 Prozent der Fälle milde verlaufen.
JAMA, doi: 10.1001/jama.2021.24110
Annals of Internal Medicine, doi: 10.7326/M21-3700