Robert Klatt
Bekannte Musik wird vom Menschen innerhalb von 100 bis 300 Millisekunden erkannt. Die neuen Erkenntnisse könnten bei der Behandlung von Alzheimer-Patienten mithilfe der Musiktherapie genutzt werden.
London (England). Laut einer Studie des University College London ist Musik nicht nur ein global existierendes Kulturgut, sondern verankert sich auch auf besondere Art im Gedächtnis des Menschen. Erkannt wurde dies laut der im Fachmagazin Scientific Reports veröffentlichten Forschungsarbeit als die Wissenschaftler um Robert Jagiello untersuchten, wie schnell Menschen ihnen bekannte Musikstücke erkennen können.
Genutzt wurden für die Studie fünf Frauen und fünf Männer, die den Wissenschaftlern jeweils fünf ihnen bekannte Musiktitel nannten, die für sie mit positiven Erinnerungen und Gefühlen in Verbindung stehen. Anschließend suchten die Forscher zu jedem Lied ein Gegenstück, das sich in Melodie, Harmonie, Tempo und Gesang ähnelte, aber den Probanden nicht bekannt war.
Während des Experiments wurden den Studienteilnehmern aus den fünf von ihnen genannten Musiktiteln und den jeweiligen Gegenstücken kurze Ausschnitte vorgespielt, zwischen denen innerhalb von wenigen Sekunden gewechselt wurde. Dabei wurde mithilfe der Elektroenzephalografie (EEG) untersucht, welche Reaktionen das Gehirn auf die Musikabschnitte zeigt. Zusätzlich haben die Forscher die Erregung der Probanden anhand von Reaktionen der Pupillen aufgezeichnet.
Es zeigte sich dabei, dass das Gehirn bekannte Lieder anhand der Ausschnitte innerhalb von 100 bis 300 Millisekunden erkennt. Auch die Pupillenreaktion erfolgte innerhalb dieses Zeitabschnitts. Die Auswertung der EEG-Daten belegt, dass dabei eine Aktivierung kortikaler Hirnregionen erfolgt, die Informationen des Gedächtnisses bereitstellen.
Maria Chait, Co-Autorin der Studie erklärt, dass „die Ergebnisse belegen, dass vertraute Musik bemerkenswert rasch erkannt wird. Dies deutet auf einen schnellen temporalen Schaltkreis hin und untermauert, wie tief solche Musikstücke in unserem Gedächtnis verankert sind.“ Als Ursache für die schnelle Reaktion auf bekannte Musiktitel sehen die Wissenschaftler, die damit verknüpften positiven Erinnerungen und Emotionen.
In Zukunft könnten die Studienergebnisse möglicherweise bei der Entwicklung neuer Musiktherapieansätze genutzt werden. Laut Chait „kann zu verstehen, wie das Gehirn vertraute Melodien erkennt, für die Musiktherapie sehr nützlich sein.“ Besonders bei Alzheimer-Patienten, bei denen Erinnerungen an Musik häufig noch lange vorhanden sind, untersucht die Medizin derzeit verschiedene Möglichkeiten zur therapeutischen Nutzung.
Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-019-51759-9