Robert Klatt
Die Neurotechnologie hat in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt. Nun warnt die UN vor dem unregulierten Einsatz von Gehirnchips und Co.
Paris (Frankreich). In den letzten Jahren hat die Neurotechnologie große Fortschritte erzielt. Forscher der University of Texas (UT) konnten etwa mit der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) und mit Künstlicher Intelligenz (KI) die Gedanken eines Menschen auslesen und das Unternehmen Neuralink steht kurz vor davor, sein Brain-Control-Interface (BCI) an Menschen zu erproben.
Das International Bioethics Committee (IBC) der United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO), einer Organisation der Vereinten Nationen (UN) hat nun eine Warnung vor dem unregulierten Einsatz von Neurotechnologie veröffentlicht.
Als Reaktion auf die Warnung haben die 193 Mitgliedsstaaten der UN einem globalen Dialog zugestimmt. Das Ziel ist es, eine ethische Regulierung der Neurotechnologie zu finden, die garantiert, dass deren Einsatz die Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht gefährdet.
In der Definition der UN umfasst die Neurotechnologie alle Möglichkeiten, mit denen die Funktion und der Aufbau neuronaler Systeme überwacht, untersucht und manipuliert werden kann. Dies beinhaltet etwa Roboterprothesen und Gehirnimplantate.
Ein Hauptproblem der Neurotechnologie ist laut dem IBC, dass ein Großteil der neuronalen Daten unbewusst generiert wird. Menschen können deren Nutzung durch Unternehmen somit kaum kontrollieren, erklärt Audrey Azoulay, die Generaldirektorin der UNESCO.
„Neurotechnologie könnte helfen, viele Gesundheitsprobleme zu lösen, aber sie könnte auch auf die Gehirne der Menschen zugreifen und sie manipulieren und Informationen über unsere Identität und unsere Gefühle produzieren.“
Das Gremium befürchtet zudem, dass BCIs die Reifung des Gehirns bei jungen Menschen, die sich noch in der Neuroentwicklung befinden, behindern könnte.
Überdies könnte die Neurotechnologie laut des IBC die globale Ungleichheit vergrößern. Derzeit befinden sich Unternehmen aus der Branche hauptsächlich in den U.S.A. (50 %) und Europa (30 %). Das Gremium hält es für möglich, dass der Einsatz von Neurotechnologie in diesen Regionen einen Supermenschen erschaffen könnte, der gegenüber Menschen ohne Neurotechnologie große Vorteile hätte.
Dies könnte jedoch bestehende Ungleichheiten in Aspekten wie Bildung und Reichtum weiter vertiefen. Schließlich ergeben sich durch den Zugang zu derart fortgeschrittenen Technologien unvermeidlich Vorteile. Dies wirft insbesondere Probleme auf, da psychische und neurologische Leiden in Ländern mit niedrigeren bis mittleren Einkommen gerade auf dem Vormarsch sind.