Enzym Alkoholdehydrogenase

Genverändertes Probiotikum erhöht Alkoholtoleranz

Robert Klatt

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Ein genverändertes Probiotikum reduziert die Alkoholaufnahme, erhöht die Alkoholverträglichkeit und beschleunigt die Regeneration. In Zukunft könnten genetisch modifizierte Probiotika die Behandlung von Lebererkrankungen verbessern.

Peking (China). Ein übermäßiger Alkoholkonsum kann zu starken Katererscheinungen führen, die sich durch Symptome wie Kopfschmerzen, Müdigkeit und Übelkeit bemerkbar machen. Des Weiteren kann er ernsthafte gesundheitliche Probleme wie Herzkrankheiten, Leberzirrhose und ein geschwächtes Immunsystem verursachen. Forscher der Chinese Academy of Sciences (CAS) haben nun ein genetisch verändertes Probiotikum entwickelt, dass die negativen Folgen des Alkoholkonsums reduzieren kann.

Laut der Publikation im Fachmagazin Microbiology Spectrum reduziert das Probiotikum die Alkoholaufnahme und erhöht die Alkoholverträglichkeit. Die Mäuseexperimente zeigten zudem, dass das Mittel die Regeneration nach dem Konsum von Alkohol beschleunigt. Obwohl noch keine Studien am Menschen durchgeführt wurden, gehen die Forscher um Meng Dong davon aus, dass dieses Probiotikum eine innovative Möglichkeit darstellen könnte, gesundheitliche Beschwerden infolge von Alkoholkonsum und generell Leberprobleme zu verringern.

„Wir sind überzeugt, dass genetisch modifizierte Probiotika neue Ansätze für die Behandlung von Lebererkrankungen liefern werden.“

Enzym Alkoholdehydrogenase (ADH) verstoffwechselt Alkohol

Im menschlichen Körper wird Alkohol hauptsächlich durch verschiedene Formen eines Enzyms namens Alkoholdehydrogenase (ADH) verstoffwechselt. Allerdings gibt es Unterschiede in der Effektivität dieser Varianten. Untersuchungen haben ergeben, dass eine spezielle Form, ADH1B genannt und vorwiegend in ostasiatischen und polynesischen Bevölkerungsgruppen zu finden, eine hundertfach höhere Aktivität aufweist als andere Varianten.

In vorherigen Studien mit Mäusen wurde nachgewiesen, dass durch Virenvektoren, welche genetisch so verändert wurden, dass sie ADH1B exprimieren, der Alkoholabbau beschleunigt werden kann. Allerdings wurde diese Methode bislang nicht als sicher für den Menschen bestätigt.

Probiotikum Lactococcus lactis

Angelehnt an diese Erkenntnisse haben die Forscher nach einer sichereren Anwendungsmethode gesucht und sich auf das Probiotikum Lactococcus lactis konzentriert, ein Bakterium, das häufig bei Fermentationsprozessen eingesetzt wird. Mittels molekularer Klonierung führten sie das Gen für menschliches ADH1B in ein bakterielles Plasmid ein, das anschließend in einen Stamm von L. lactis eingebracht wurde.

Labortests bestätigten, dass das Probiotikum das Enzym absonderte. Um sicherzustellen, dass es die Magensäure übersteht, kapselten die Forscher das Probiotikum ein und testeten es an drei Gruppen mit jeweils fünf Mäusen, die alle unterschiedlichen Alkoholkonzentrationen ausgesetzt waren.

Deutlich höhere Alkoholtoleranz

Mäuse, die keiner Behandlung unterzogen wurden, zeigten bereits 20 Minuten nach Alkoholkontakt Anzeichen von Trunkenheit. Als ein Beispiel konnten sie nicht selbstständig wieder auf die Beine kommen, wenn sie auf den Rücken gelegt wurden. Bei der Gruppe jedoch, die das mit menschlichem ADH1B angereicherte Probiotikum erhielt, waren noch die Hälfte der Mäuse in der Lage, sich eine Stunde nach dem Alkoholkontakt selbstständig umzudrehen. Ein Viertel verlor diese Fähigkeit sogar nie.

Weitere Untersuchungen ergaben, dass zwei Stunden nach der Alkoholexposition der Alkoholgehalt im Blut der Kontrollgruppe weiter anstieg, während er in den mit Probiotikum behandelten Mäusen zu sinken begann. Außerdem fanden die Wissenschaftler heraus, dass behandelte Mäuse niedrigere Lipid- und Triglyceridwerte in ihren Lebern aufwiesen, was darauf hindeutet, dass das Probiotikum alkoholbedingte Schädigungen dieses Organs mildern könnte. Laut Dong wäre der nächste Schritt herauszufinden, ob die potenzielle therapeutische Wirkung des modifizierten Probiotikums auch auf Menschen übertragbar ist.

„Wir sind begeistert von den Fortschritten bei rekombinanten Probiotika zur Linderung von akut alkoholbedingten Leber- und Darmschäden.“

Microbiology Spectrum, doi: 10.1128/spectrum.04294-22

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