Robert Klatt
Die Infektionsschutzmaßnahmen und Reisebeschränkungen während der Covid-19-Pandemie haben zum Aussterben von einigen Grippevarianten geführt. Paradoxerweise werden die kommenden Grippewellen deshalb stärker verlaufen als bisher.
Hongkong (China). Die zahlreichen Schutzmaßnahmen im Rahmen der Covid-19-Pandemie haben in den Jahren 2020 und 2021 zu einem fast vollständigen Ausfall der saisonalen Grippewellen geführt. Laut einer auf dem Preprint-Server In Review publizierten Studie der Universität Hongkong hat dies dazu geführt, dass ein Teil der bekannten Linien des Influenzavirus verschwunden sind, darunter auch Viruslinien, die in der aktuellen Grippeimpfung enthalten sind.
Das Team um Vijaykrishna Dhanasekaran analysierte für die Studie Daten des globalen Grippeüberwachungs- und Bekämpfungssystems (GISRS) der Weltgesundheitsorganisation (WHO), das eine umfassende Übersicht über die weltweiten Überwachungs- und Sequenzdaten beinhaltet. Laut den Daten von GISRS ist die Yamagata-Linie von Influenza B, die auch in der aktuellen Grippeimpfung für die Saison 2021/22 geimpft wird, sehr wahrscheinlich seit April 2020 ausgestorben.
Verantwortlich für das Aussterben der Grippevarianten sind die weltweiten Reisebeschränkungen und Infektionsschutzmaßnahmen der Covid-19-Pandemie. Diese verhindern nicht nur die Ausbreitung von SARS-CoV-2, sondern sorgen auch bei Influenza B dafür, dass regionale Ausbrüche sich nicht verbreiten können, weil sich Ansteckungsketten totlaufen.
Dies betrifft besonders gemäßigte Regionen, in denen die saisonalen Grippewellen in der Regel ausbrechen, weil das Virus im Winter aus anderen Gegenden eingeschleppt wird. Am deutlichsten wird dies beim Subtyp H3N2, der im Sommer nur in Südostasien vorkommt und sich von dort im Herbst und Winter ausbreitet. Die Studienautoren gehen davon aus, dass dies auch auf die übrigen Varianten zutrifft, die, während der Covid-19-Pandemie verschwanden,
In der Wissenschaft herrscht Einigkeit darüber, dass das Ausbleiben der saisonalen Grippe zu deutlich schwereren Wellen führen wird, wenn die Covid-19-Maßnahmen nicht mehr gelten. Dies liegt daran, dass der Immunschutz durch vorherigen Kontakt mit dem Virus im Zeitverlauf sinkt.
Außerdem sorgt die aktuelle Situation dafür, dass es zu einer regional sehr unterschiedlichen Verteilung der Viruslinien kommt. In einigen Regionen der Erde werden bei der nächsten Grippewelle also seltene Viruslinien auftreten, die von den vorhandenen Impfstoffen nicht abgedeckt sind und gegen die, die Bevölkerung nahezu keinen Schutz durch frühere Infektionen aufbauen konnte.
In Review, doi: 10.21203/rs.3.rs-850533/v1