DNA-Proben

Größter Stammbaum der Menschheit erstellt

Robert Klatt

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Eine Künstliche Intelligenz hat größten Stammbaum der Menschheit erstellt. Dieser reicht mehr als 100.000 Jahre zurück und zeigt, wie der Mensch sich über die Erde ausgebreitet hat.

Oxford (England). Die Desoxyribonukleinsäure (DNA) offenbart die Herkunft und die Abstammung eines Menschen. Inzwischen hat die Wissenschaft hunderttausende Genome noch lebender und schon vor langer Zeit verstorbener Menschen sequenziert. Bisher wurden die DNA-Proben jedoch noch nicht vollständig in Verbindung gebracht. Wissenschaftler der University of Oxford, der Harvard University und des Broad Institute des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben nun eine Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt, die die Genomsequenzen kombiniert. Dies ermöglicht eine gemeinsame Analyse der gigantischen Datenbank.

„Wir haben im Grunde einen riesigen Stammbaum erstellt, eine Genealogie für die gesamte Menschheit, die so genau wie möglich die Geschichte modelliert, die all die genetische Variation hervorgebracht hat, die wir heute beim Menschen finden. Anhand dieser Genealogie können wir sehen, wie die genetische Sequenz eines jeden Menschen mit allen anderen zusammenhängt, und zwar entlang aller Punkte des Genoms“, erklärt Yan Wong.

Beziehungsnetz der Menschheit

Der dazu verwendete Algorithmus ist relativ simpel. Weil einzelne Genomregionen entweder vom Vater oder der Mutter vererbt worden sind, lässt sich die Abstammung der Punkte der DNA in Form eines Baumes visualisieren. Gemeinsam bilden diese Bäume ein Ahnenrekombinationsdiagramm, auch bezeichnet als Baumsequenz, das im Zeitverlauf die Genomsequenzen mit dem Vorfahren verbinden, bei dem sie zuerst aufgetreten sind.

„Im Wesentlichen rekonstruieren wir die Genome unserer Vorfahren und nutzen sie, um ein riesiges Beziehungsnetz zu bilden. Wir können dann abschätzen, wann und wo diese Vorfahren gelebt haben. Das Besondere an unserem Ansatz ist, dass er nur wenige Annahmen über die zugrundeliegenden Daten macht und sowohl moderne als auch alte DNA-Proben einbeziehen kann“, erklärt Anthony Wohns.

Stammbaum reicht 100.000 Jahre zurück

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Science analysierten die Forscher für die aktuelle Studie über 3.500 Genomsequenzen aus 215 Populationen. Die Proben waren teilweise über 100.000 Jahre alt und umfassten  eben Genomen des urzeitlichen Homo sapiens auch drei Genome von Neandertalern. Neben vollständig erhaltenen Erbgutsequenzen analysierten die Wissenschaftler auch alte Proben, von denen nur noch Teile vorlagen.

Sie konnten so bestimmen, wann Variationen der menschlichen DNA entstanden sind. Die KI erstellte anschließend auf Basis dieser Daten ein Netzwerk, das die und gemeinsame Vorfahren und die Verwandtschaftsbeziehungen der Menschen, von denen die Erbgutsequenzen stammen, zeigt.

Stammbaum zeigt Ausbreitung über die Welt

Zudem enthalten die Daten die Regionen der Welt, aus denen die DNA-Proben stammen. Dies ermöglichte es den Autoren der Studie zu bestimmen, wo die gemeinsamen Vorfahren gelebt haben und wie sie sich über die Erde ausbreiteten. „Wir beobachten Signale für sehr tiefe Vorfahrenlinien in Afrika, das Out-of-Africa-Ereignis und die urzeitliche Besiedlung von Ozeanien“, so die Forscher. Der Stammbaum der Menschheit zeigt somit auch wichtige Ereignisse der Evolutionsgeschichte.

„Die Leistungsfähigkeit und Auflösung der Methoden zur Aufzeichnung von Stammbäumen versprechen, zur Klärung der Evolutionsgeschichte des Menschen und anderer Spezies beizutragen. Es ist wahrscheinlich, dass die leistungsfähigsten Methoden für Rückschlüsse auf die Evolutionsgeschichte in Zukunft auf diesen Methoden beruhen werden“, schreiben Jasmin Rees und Aida Andrés vom University College London (UCL) in einem Begleitkommentar der Studie.

Science, doi: 10.1126/science.abi8264

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