Haarfollikel-Aktivierung

Haare ausreißen kann Haarausfall und Glatzenbildung verlangsamen

Robert Klatt

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Das Ausreißen von Haaren führt zu einer Reaktion des Immunsystems, die das Wachstum neuer Haare in der Umgebung fördert.

Los Angeles (U.S.A.). In Europa und Nordamerika sind etwa 80 Prozent aller Männer im Laufe ihres Lebens von Haarausfall oder einer kompletten Glatze betroffen. Verantwortlich dafür ist nicht wie von der Forschung noch kürzlich vermutet das Sexualhormon Testosteron, sondern Genvarianten, die vor allem bei kleinen und hellhäutigen Männern häufig auftreten. Neben Medikamenten, die den Haarausfall stoppen sollen wird aktuell auch an einer Möglichkeit geforscht die für den Haarausfall verantwortlichen Haarfollikel mithilfe von elektrischer Stimulation zu aktivieren und so das Haarwachstum wieder anzuregen.

Wissenschaftler der University of Southern California haben nun im Fachmagazin Health Sciences eine auf den ersten Blick paradoxe Methode vorgestellt, die ebenfalls die kaum noch aktiven Haarfollikel wieder aktivieren soll. Laut der Theorie der Wissenschaftler hilft es bei kahler werdenden Stellen einen Teil der verbleibenden Haare auszureißen, um eine Art Hilferuf der Haarfollikel auszulösen, der dafür sorgt, dass das Haarwachstum zunimmt.

Versuche mit Labormäusen erfolgreich

Die Forscher um Chih-Chiang Chen haben anschließend ihre Theorie an Labormäusen untersucht, denen 200 Haare in einem bestimmten Muster entfernt wurden. Im ersten Ansatz verteilten sich diese 200 Haare auf eine relativ große Fläche, im zweiten Ansatz wurde alle Haare innerhalb einer nur fünf Millimeter großen, runden Fläche entfernt.

Es zeigte sich dabei, dass dort wo viele Haare auf einer kleinen Fläche entfernt wurden anschließend deutlich mehr Haare nachwuchsen. Anstelle der 200 entfernten Haare waren dies ja nach Tier zwischen 450 und 1.300 neuen Haaren, die innerhalb kurzer Zeit entstanden.

Stresssignal der Haarfollikel sorgt für Wachstum

Erklären lässt sich dieser Wachstumsschub laut den Studienautoren durch Stresssignale, die von den Haarfollikel bei Schäden und Verletzungen der Haare ausgelöst werden. Der biochemische Prozess, der in der Biologie als Quorum Sensing bezeichnet wird, wird auch von Bakterien genutzt, die zeigen wollen, dass sie unter Stress stehen.

Haarfollikel schütten dazu nachdem Ausreißen der Haare Entzündungsproteine aus, die dafür sorgen, dass Zellen des Immunsystems an die betroffenen Stellen geleitet werden. Anschließend setzen diese Abwehrzellen Botenstoffe wie den Tumor Nekrose Faktor Alpha frei, die in den umliegenden Haarfollikeln die Produktion neuer Haare auslösen.

Laut Cheng-Ming Chuong, Co-Autor ist „dies ein gutes Beispiel dafür, wie Grundlagenforschung zu Ergebnissen führen kann, die sich praktisch anwenden lassen.“ Weitere Testreihen sollen nun zeigen, ob der entdeckte Prozess zur Entwicklung einer Behandlungsmethoden gegen Alopezie genutzt werden kann. Derzeit ist noch unklar, ob die Methode vor allem bei Männern, die unter erblich bedingten Haarausfall leiden genutzt hilft oder ob sie auch bei Frauen, die häufig diffusen Haarausfall haben angewendet werden kann.

Health Sciences, doi: 10.1016/j.cell.2015.02.016

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