Robert Klatt
Eine Langzeitstudie zeigt, dass die Handynutzung das Krebsrisiko nicht erhöht. Der neue Mobilfunkstandard 5G wurde jedoch nicht untersucht.
Oxford (England). Die Mobilfunkstrahlung liegt im Bereich zwischen Radio- und Mikrowellen und kann somit DNA und Zellen nicht direkt schädigen. In der Medizin ist es trotzdem umstritten, ob und wie Handystrahlung die Gesundheit beeinflusst. Eine Studie der Universität Basel zeigte etwa kürzlich, dass Mobilfunkstrahlung das visuelle Gedächtnis von Jugendlichen beinträchtigen kann. Zudem soll die elektromagnetische Strahlung das Gehirn lokal erwärmen und den Hirnstoffwechsel verändern.
Außerdem wird darüber debattiert, ob Handystrahlung das Krebsrisiko erhöht. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) stufe bereits im Jahr 2011 Mobilfunkstrahlung deshalb als „möglicherweise krebserregend“ ein.
Laut einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN) zeigt nun eine Studie der IARC unter Beteilung der University of Oxford, dass das Krebsrisiko durch die Handystrahlung nicht zunimmt. Die Wissenschaftler um Joachim Schüz analysierten Daten der seit 20 Jahren laufenden UK Million Women Study, für die ein Viertel, der zwischen 1935 und 1950 geborene Britinnen medizinisch untersucht und befragt wird. Zudem wurden in den Jahren 2001 und 2011 von 800.000 Teilnehmerinnen Daten zu ihrer Handynutzung erhoben.
Im 20-jährigen Untersuchungszeitraum kam es bei 3.268 Probandinnen zu einem Tumor im Kopfbereich, darunter Krebs der Hirnhäute, Krebs der Hirnanhangsdrüse, Hirntumore wie Gliome und Glioblastome und Tumore am Hörnerv. Die Forscher ermittelten laut ihrer Publikation im Journal of the National Cancer Institute auf Basis dieser Daten, ob es bei Frauen, die regelmäßig lange mit dem Handy telefonieren, überproportional oft zu solchen Tumoren kommt.
Sie konnten so feststellen, dass die Handynutzung bei keiner der Tumorformen das Tumorrisiko beeinflusst. Die Wahrscheinlichkeit für einen Hirntumor ist demnach bei Nichtnutzerinnen und Handynutzerinnen identisch. „Das galt auch für Tumore der Schläfen- und Scheitellappen, die die am stärksten exponierten Teile des Gehirns darstellen. Auch die Häufigkeit von Tumoren auf der rechten und linken Kopfseite war bei den Handynutzerinnen gleich – obwohl das Handy weit häufiger auf der rechten Kopfseite gehalten wird“, so die Autoren.
Es gibt demnach laut Schüz keine Hinweise darauf, dass das Risiko für Hirntumore durch die Handystrahlung zunimmt. „Auch wenn in dieser Studie ausschließlich Daten zu Frauen erhoben wurden, unterstützen die Ergebnisse die zunehmende Evidenz, dass eine Mobiltelefon-Nutzung unter den üblichen Bedingungen das Risiko und die Inzidenz für Hirntumoren nicht erhöht“, erklärt Hans-Christoph Diener von der DGN.
Zudem ist die Strahlungsbelastung bei modernen Smartphones deutlich geringer als bei älteren Handys. Trotzdem empfehlen Experten Menschen, die täglich lange mit einem Handy telefonieren müssen, weiterhin die Nutzung eines Headsets oder einer Freisprechanlage. Die Autoren erklären zudem, dass die Studie noch keine Daten zum neuen Mobilfunkstandard 5G liefern kann, weil das Mobilfunknetz aktuell noch aufgebaut wird.
Journal of the National Cancer Institute, doi: 10.1093/jnci/djac042