Robert Klatt
Bio-Kaffee enthält deutlich weniger der gesundmachenden Chlorogensäuren als herkömmlich angebaute Bohnen.
Bremen (Deutschland). In Deutschland konsumieren Erwachsene im Mittel pro Jahr 160 Liter Kaffee. Neben seiner aufmunternden Wirkung, die so stark ist, dass bereits ihr Placebo-Effekt die Leistung erhöht, wird das Getränk weltweit auch für seine gesundheitsfördernde Wirkung geschätzt. Studien haben unter anderem belegt, dass Kaffee beim Abnehmen hilft, das Risiko für Krankheiten wie Multipler Sklerose reduziert und sogar die Lebenserwartung steigert. Verantwortlich dafür sind neben dem Koffein sekundäre Inhaltsstoffe wie Antioxidantien und Polyphenole, die die Zellen vor hochreaktiven Molekülen schützten.
Besonders hervorzuheben sind dabei Chlorogensäuren, eine Gruppe von Antioxidantien, die laut einer Reihe von Studie den Blutdruck und Blutzucker reduzieren und positiv auf das Herz-Kreislaufsystem wirken. Außerdem wirken Chlorogensäuren entzündungshemmend und sollen sogar eine antibakterielle und antivirale Wirkung besitzen sowie umweltbedingte DNA-Schäden verhindern.
Enthalten sind Chlorogensäuren in vielen Gemüse- und Obstsorten, in Deutschland ist die Hauptquelle aber Kaffee. Vor allen Arabica-Bohnen sind mit über 40 verschiedenen Chlorogensäuren ein Lieferant dieser Gesundmacher. Im Mittel nehmen Kaffeetrinker pro Tag zwischen ein und zwei Gramm Chlorogensäuren auf. Wissenschaftler der Jacobs Universität Bremen haben deshalb untersucht, wie stark sich die Chlorogensäuren-Anteile zwischen einzelnen Kaffeebohnen unterscheiden.
Laut der im Fachmagazin Food Research International publizierten Studie untersucht das Team um Sabur Badmos dafür 67 Röstkaffee-Proben aus verschiedenen Regionen Brasiliens. Diese stammten von konventionellen und biologisch bewirtschafteten Plantagen. Es zeigte sich dabei, dass Kaffeebohnen aus biologischem Anbau weniger Chlorogensäuren enthalten. Besonders Feruloyl- und p-Coumaroyl-Quininsäuren waren im Vergleich zu konventionellen Bohnen deutlich weniger enthalten. Bio-Kaffee enthalten also weniger dieser gesunden Pflanzeninhaltsstoffe.
Laut Nikolai Kuhnert, Co-Autor der Studie „können die Wissenschaftler nicht ganz genau sagen, warum das so ist.“ Sie halten es aber für sehr wahrscheinlich, dass konventionelle angebauter Kaffee zum Schutz vor Mikroorganismen, Pilzen und Bakterien Abwehrstoffe bildet, die beim Menschen gesundheitsfördernd wirken. Wie Kuhnert erklärt, „scheint Bio-Kaffee das nicht nötig zu haben, weil er weniger gestresst ist.“ Ähnliches wurde auch bei Grünkohl entdeckt, der bei Kontakt mit Umweltgiften eine Reaktion auslöst, die krebsvorbeugende Abwehrstoffe bildet.
Trotz der Studienergebnisse erklären die Wissenschaftler, dass Verbraucher nicht auf Bio-Kaffee verzichten sollen, weil die Umweltfolgen des Anbaus deutlicher geringer ausfallen. Den geringen Chlorogensäuren-Gehalt können Konsumenten bereits durch eine zusätzliche Tasse Kaffee pro Tag problemlos ausgleichen.
Food Research International, doi: 10.1016/j.foodres.2020.109218