Robert Klatt
HIV-infizierte Menschen können womöglich dank einer neuen Behandlungsmethode, die antivirale Medikamente und die Genschere Crispr kombiniert, in schon bald geheilt werden. Experimente mit Mäusen verliefen bereits erfolgreich. Eine klinische Studie mit menschlichen Probanden soll in einem Jahr folgen.
Omaha (U.S.A.). In Deutschland leben derzeit laut einer Schätzung des Robert Koch Instituts (RKI) etwa 86.000 Menschen mit einer HIV-Infektion, die zwar gut behandelt werden kann, sich aber noch nicht heilen lässt. Eine neue Behandlungsmethode, die Wissenschaftler der University of Nebraska (Omaha) entwickelt haben, gibt infizierten Personen nun neue Hoffnung. Laut der im Fachmagazin Nature Communications veröffentlichten Studie konnte mit einer Kombination aus antiviralen Medikamenten und der Genschere Crispr bei Labormäusen der Virus erstmals geheilt werden.
Aktuell genutzte HIV-Behandlungsmethoden verwenden ausschließlich antivirale Medikamente, die im Körper die Anzahl der Viren deutlich reduzieren. Prasanta Dash, Autor der Studie erklärt jedoch, dass „das HI-Virus seine DNA in das Genom der Immunzellen der infizierten Personen integriert und so in seiner latenten Form die Behandlung mit Medikamenten überdauern kann.“ Dies sorgt dafür, dass die Infektion sobald das Medikament abgesetzt wieder in vollem Umfang ausbricht.
Eine dauerhafte Heilung kann aus diesem Grund nur erfolgen, wenn entweder die DNA des HI-Virus aus den infizierten Zellen entfernt wird oder wenn infizierte Zellen im Körper abgetötet werden.
Um ihre These experimentell zu untersuchen, nutzten die Wissenschaftler Labormäuse mit menschlichen T-Zellen, die sie mit HIV infiziert hatten. Im ersten Schritt des neuen zweistufigen Therapieansatzes wurden die Tiere mit einem antiviralen Medikament behandelt, das seine Wirkstoffe nur langsam abgibt und so die Anzahl der Viren langfristig geringhält. Anschließend wurde mit der Genschere Crispr aus den infizierten Zellen der Mäuse die DNA des HI-Virus entfernt.
Nach der Behandlung konnte HIV bei fünf der 13 Labormäuse nicht mehr nachgewiesen werden. Auch zu einem späteren Zeitpunkt, als die Wirkung des antiviralen Medikaments nicht mehr vorhanden war, konnte HIV weder im Lymphgewebe noch im Blut oder Knochenmark der Tiere gefunden werden.
Bei Mäusen, die entweder nur mit dem Medikament oder nur mit der Genschere Crispr behandelt wurden, konnte hingegen HIV auch nach der Therapie nachgewiesen werden. Aus diesem Ergebnis schlussfolgern die Wissenschaftler, dass „eine potenzielle Heilung sowohl Crispr als auch antivirale Medikament benötigt.“
Die laut den Wissenschaftlern „vielversprechenden Ergebnisse“ liefern einen Beweis dafür, dass der HI-Virus dauerhaft entfernt werden kann. Weitere Studien sollen nun zeigen, ob die Methode effektiv ist und ob sie in Zukunft auch beim Menschen sicher angewendet werden kann. Dazu sind Versuche mit Primaten geplant, auf die bei Erfolg innerhalb eines Jahres eine klinische Studie mit menschlichen Patienten folgen soll.
Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-019-10366-y