Robert Klatt
Eine Ernährung mit vielen hochverarbeiteten Lebensmitteln erhöht das Risiko für Multimorbiditäten stark. Besonders gesundheitsschädlich sind gesüßte Getränke und Fleischprodukte.
Lyon (Frankreich). Die Wissenschaft ist sich bisher bisher nicht darüber einig, wie gesundheitsschädlich hochverarbeitete Lebensmittel sind. Hochverarbeitete Lebensmittel sind durch einen umfangreichen industriellen Verarbeitungsprozess gekennzeichnet. Diese Produkte enthalten oft eine Vielzahl von Zusatzstoffen, die in einer herkömmlichen häuslichen Küche nicht reproduzierbar sind.
Eine Studie des Grand Forks Human Nutrition Research Center kam etwa kürzlich dem Ergebnis, dass eine gesunde und ausgewogene Ernährung ausschließlich mit hochverarbeiteten Lebensmitteln möglich ist.
Forscher der International Agency for Research on Cancer (IARC-WHO) haben nun eine umfassende Studie publiziert, laut der Menschen, die oft hochverarbeitete Lebensmittel essen, langfristig ein signifikant höheres Risiko dafür haben, mehrere Krankheiten parallel zu entwickeln. Am gesundheitsschädlichsten sind laut der Publikation im Fachmagazin The Lancet Regional Health – Europe gesüßte Softdrinks und hochverarbeitete Fleischprodukte.
Die Wissenschaftler um Reynalda Córdova vom Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Wien nutzten für umfassende statistische Analyse Daten der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Studie. Die EPIC-Studie, die zwischen 1992 und 2000 durchgeführt wurde, sammelte umfangreiche Informationen über Ernährung, Lebensstil, genetische Faktoren, Umweltrisiken sowie das Auftreten von Krebs und anderen Krankheiten.
Die aktuelle Auswertung umfasst Daten von 266.666 Personen aus sieben europäischen Ländern. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Männer im Mittel 413 Gramm und Frauen 326 Gramm hochverarbeitete Produkte konsumierten.
4.461 Probanden meldeten bei Folgeuntersuchungen, die im Mittel nach elf Jahren stattfanden, von Multimorbiditäten, also das gleichzeitige Bestehen mehrerer Krankheiten. Dabei handelt es sich primär um Krebs sowie auf Herz-Kreislauf- und Stoffwechselstörungen. Es zeigte sich, dass das Risiko für solche Multimorbiditäten bei einem täglichen Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln, abgesehen von alkoholischen Getränken, von etwa 260 Gramm und mehr anstieg.
Laut den Studiendaten ist primär ein erhöhter Verzehr von stark verarbeiteten tierischen Lebensmitteln und künstlich gesüßten Getränken, sei es mit Süßstoffen oder Zucker, mit einem deutlich gesteigerten Risiko für Multimorbiditäten verbunden. Im Gegensatz dazu zeigte sich bei stark verarbeiteten Getreideprodukten wie Brot oder bei pflanzlichen Alternativen zu tierischen Erzeugnissen keine statistisch signifikante Erhöhung des Risikos.
The Lancet Regional Health – Europe, doi: 10.1016/j.lanepe.2023.100771