Robert Klatt
Ein höheres Renteneintrittsalter wirkt sich negativ auf die psychische und physische Gesundheit aus. Die Wissenschaftler fordern als Reaktion eine Aufwertung der Erwerbsminderungsrente und bessere Präventionsmöglichkeiten.
Berlin (Deutschland). Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) haben untersucht, ob und wie sich ein höheres Renteneintrittsalter auf die Gesundheit auswirkt. Dazu verglichen sie Gesundheitsdaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) von Frauen mit den Geburtsjahrgängen 1951 und 1952. Frauen mit dem Geburtsjahrgang 1951 konnten bis 2021 unter bestimmten Voraussetzungen bereits mit 60 Jahren und mit Abschlägen in Rente gehen. Weil die sogenannte Altersrente für Frauen 1999 abgeschafft wurde, bestand diese Möglichkeit für Frauen ab dem Geburtsjahrgang 1952 nicht mehr. Sie konnten also frühstens mit 63 Jahren in Rente gehen.
Die Forscher Mara Barschkett, Johannes Geyer und Peter Haan stellten dabei fest, dass ein höheres Renteneintrittsalter den Gesundheitszustand negativ beeinflusst. Frauen aus dem Jahrgang 1952 leiden demnach häufiger unter stressbedingten Krankheiten (0,8 %) und Stimmungsstörungen (0,9 %) als Frauen aus dem Jahrgang 1951. Bei 59-jährigen Frauen waren die Anstiege noch höher, was laut den Autoren an Antizipationseffekten liegt.
Laut Barschkett beeinflusst ein höheres Renteneintrittsalter körperliche Gesundheitsproblemen weniger eindeutig.
„Arbeit ist offenbar insbesondere in höherem Alter mit Stress verbunden und überfordert einen Teil der Beschäftigten.“
Als Reaktion auf die gesundheitlichen Auswirkungen des höheren Renteneintrittsalters fordern die Autoren unter anderem präventive Gesundheits- und Bildungsinvestitionen.
„Wenn die Arbeit die Gesundheit erst in Mitleidenschaft gezogen hat, ist es meist zu spät – zielgerichtete Gesundheitsvorsorge muss bereits in jungen Berufsjahren ansetzen, um die Beschäftigten dauerhaft zu stärken. Dabei geht es auch darum, Berufswechsel zum Ende des Erwerbslebens zu erleichtern, um der körperlichen Verfassung entsprechende Tätigkeiten ausüben zu können. Weiterbildung ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Stichwort. Allerdings ist auch die Bereitstellung altersgerechter Arbeitsplätze wichtig.“
Zudem erklärt Rentenexperte Geyer, dass weitere Lösungen nötig sind, weil immer mehr Menschen auch bei guten Präventionsmöglichkeiten im höheren Alter nicht mehr arbeiten können.
„Eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters sollte daher mit Reformen und Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente einhergehen.“