Robert Klatt
Sommerliche Temperaturen erhöhen die Halbwertzeit von infektiösen SARS-CoV-2-Partikeln laut einer neuen Studie deutlich.
Bochum (Deutschland). Das neue Coronavirus SARS-CoV-2 wird vor allem über Aerosole und Tröpfchen übertragen. Studien haben belegt, dass bereits lautes Reden Viren für bis zu 14 Minuten in der Luft geschlossener Räume freisetzten kann. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) untersucht deshalb aktuell, wie sich SARS-CoV-2 in Zügen und Flugzeugen verbreitet und wie Reisende geschützt werden können.
Ein weiterer Verbreitungsweg sind sogenannte Schmierinfektionen, bei denen das Virus über kontaminierte Oberflächen auf Menschen übertragen wird. Bisher ist die Wissenschaft davon ausgegangen, dass hohe Temperaturen SARS-CoV-2 auf Oberflächen schnell abtöten.
Eine im Journal of Infection (PDF) publizierte Studie der Ruhr-Universität Bochum hat jedoch gegenteilige Ergebnisse. Das Team um Stephanie Pfänder hat in Laborexperimenten Oberflächen mit dem neuen Coronavirus kontaminiert und anschließend bei 4 Grad Celsius, bei Raumtemperatur und bei sommerlichen 30 Grad Celsius untersucht, wie sich das Virus entwickelt.
Dabei beobachteten die Wissenschaftler die Halbwertzeit, also die Zeit, bis die Zahl der infektiösen Partikel um 50 Prozent sinkt. Bei Kühlschranktemperatur lag diese bei 12,9 Stunden, bei Raumtemperatur bei 9,1 Stunden und bei 30 Grad bei 17,9 Stunden.
Ob bisherige Prognosen, die davon ausgingen, dass hohe Temperaturen im Sommer für eine Verringerung der Neuinfektionen sorgen werden, nun revidiert werden müssen, kann auf Basis der neuen Studienergebnisse nicht gesagt werden.
Dies liegt daran, dass das Team um Pfänder ausschließlich Auswirkungen der Temperatur untersucht hat. In den Experimenten wurden jedoch ausschließlich trockene Oberflächen genutzt, die laut der Studienleiterin „die Infektiösität der Viren innerhalb der ersten Stunde um das 100-fache reduziert.“ Außerdem wurde UV-Licht, das im Sommer deutlich zunimmt und nachweislich Viren abtötet, nicht in der Studie berücksichtigt.
Journal of Infection, doi: 10.1016/j.jinf.2020.05.074