Robert Klatt
SARV-CoV-2 kann auch ohne fühlbare Covid-19-Symptome Gesundheitsschäden verursachen. Eine spätere Immunität ist bei diesen milden Krankheitsverläufen unwahrscheinlich.
Chongqing (China). Der Anteil asymptomatischen SARS-CoV-2-Infektionen liegt laut aktuellen Studien bei bis zu 80 Prozent. Bisher ist die Wissenschaft davon ausgegangen, dass das Immunsystem bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 auch ohne Covid-19-Symptome Antikörper bildet, die den Menschen in Zukunft vor dem Virus schützen.
Wissenschaftler um Ai-Long Huang von der Medizinischen Universität in Chongqing haben nun im Fachmagazin Nature medicine eine Studie publiziert, die diese Annahme widerlegt. Als Probanden dienten den chinesischen Forschern 37 Personen, die keinerlei Covid-19-Symptome zeigten. Entdeckt wurden die Infektionen mit dem neuen Coronavirus nur, weil ein Gentest bei Kontaktuntersuchungen erfolgte.
Laut eigenen Angaben fühlten sich alle Probanden der Studie gesund, obwohl eine Untersuchung bei elf der 37 Personen erhöhte Laborwerte des C-reaktiven Proteins zeigte. Außerdem entdeckten die Wissenschaftler bei elf der Probanden Milchglasinfiltrate in der Computertomografie, die ein Anzeichen für eine Lungenentzündung sind und bei Covid-19 typischerweise auftreten.
Im Gegensatz zu Covid-19-Krankheitsverläufen mit starken Symptomen beschränken sich die Lungenschäden bei den Probanden allerdings auf kleine Bereiche. Dies führte dazu, dass keine fühlbaren Symptome oder Einschränkungen durch die Infektion bemerkt wurden.
Laut Huang konnten bei 30 der 37 asymptomatischen Patienten drei bis vier Wochen nach der SARS-CoV-2-Infektion IgG-Antikörper und bei 29 Probanden IgM-Antikörper nachgewiesen werden. Die Anzahl der IgG-Antikörper war jedoch deutlich niedriger als bei symptomatischen Patienten. Außerdem sank im Vergleich zu symptomatischen Patienten deren Anzahl deutlich schneller ab. Dies führte dazu, dass bei 12 der 37 asymptomatisch Infizierten nach wenigen Wochen keinerlei IgG-Antikörper mehr nachgewiesen werden konnten.
Laut den Studienautoren ist es deshalb wahrscheinlich, dass eine dauerhafte Immunität bei milden Krankheitsverläufen unwahrscheinlich ist. Auch Michel Nussenzweig von der Rockefeller Universität in New York kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Der Wissenschaftler vermutet, dass die Bildung neutralisierender Antikörper bei asymptomatischen SARS-CoV-2-Verläufen nicht erfolgt, weil das Immunsystem die Infektion bereits zuvor bekämpfen konnte, ohne dafür die Antikörper-Produktion aktivieren zu müssen.
Nature medicine, doi: 10.1038/s41591-020-0965-6