Robert Klatt
Alveolarmakrophagen, die Immunzellen der Lunge, wurden erstmals im Labor gezüchtet. Das Zellkulturmodell vereinfacht die Erforschung von entzündlichen Lungenerkrankungen.
San Antonio (U.S.A.). Makrophagen gehören zu den Fresszellen des Immunsystems und beseitigen Abfallprodukte in den Geweben des Körpers. Alveolarmakrophagen, die sich primär in den Lungenbläschen, wo der Luftaustausch stattfindet, befinden, sind meistens die ersten Immunzellen, mit denen Viren wie SARS-CoV-2 oder Mykobakterien, die Tuberkulose auslösen, Kontakt haben.
Forschern des Texas Biomedical Research Institute (Texas Biomed) um Larry Schlesinger ist es nun gelungen, Alveolarmakrophagen im Labor zu züchten. Wissenschaftler können durch das neue Zellkulturmodell entzündlichen Lungenerkrankungen einfacher und günstiger untersuchen und somit potenzielle neue Therapien schneller finden.
„Es ist von entscheidender Bedeutung, gewebespezifische Zellen zu studieren, um die Mechanismen von Gesundheit und Krankheit besser zu verstehen und potenzielle neue Therapien zu prüfen.“
Studien mit menschlichen Alveolarmakrophagen waren bisher sehr aufwendig, weil die Immunzellen tief in der Lunge nur schwer zu erreichen sind. Normalerweise werden sie durch zeitintensive und teure Lungenwaschungen gesammelt, bei denen mit einem Bronchoskop Flüssigkeitsproben entnommen wurden.
Das neue Zellkulturmodell benötigt nur eine simple Blutabnahme. Weiße Blutkörperchen werden isoliert und in spezialisierte Zellkulturkomponenten gegeben. Wie Susanta Pahari erklärt, kommen hinzu lediglich Surfactant zusammen mit drei verschiedenen Zytokinproteinen.
„Wir nennen es den magischen Cocktail. Wir simulieren in der Zellkultur die Alveolenumgebung. Das vermittelt den Zellen den Eindruck, sie befänden sich in der Lunge.“
Anschließend bilden sich innerhalb von nur sechs Tagen Makrophagen-ähnlichen Zellen, die laut der Publikation im Fachmagazin mBio zu 94 Prozent genetisch ähnlich mit menschlichen Alveolarmakrophagen aus Lungenwaschungen sind. Diese Ähnlichkeit ist ausreichend, um Krankheiten wie Covid-19 und Tuberkulose zu erforschen.
„Es ist sehr befriedigend, etwas zu entwickeln, das der Forschungsgemeinschaft helfen kann. Wir haben bereits zahlreiche E-Mails aus der ganzen Welt mit Anfragen zu Makrophagen-Entwicklungsprotokollen erhalten. Wir prüfen nun die Entwicklung eines Kits, um es anderen noch zu erleichtern, das zu replizieren, was wir getan haben.“
Das innovative Zellkulturmodell ist ein Nebenprodukt der Covid-19-Pandemie. Dr. Pahari konnte während der Pandemie keine menschlichen Alveolarmakrophagen mehr nutzen und musste seine Forschung daher unterbrechen. Er konzentrierte sich deshalb auf die Entwicklung einer Alternative.
mBio, doi: 10.1128/mbio.00834-23