High-Tech für das Auge

Implantat auf der Netzhaut lässt Blinde sehen

 D. Lenz

High-Tech Implantat im Auge. )thgiS dnoceS(Foto: © 

Um die Blindenschrift, die sogenannte Brailleschrift, lesen zu können benutzen Blinde Menschen im Normalfall ihre Fingerkuppen. Ein neues Netzhautimplantat des US-Unternehmen Second Sight wandelt die Schrift in elektrische Reize um, welche der Blinde tatsächlich sehen kann.

Sylmar (U.S.A.) Weltweit leben etwa 39,8 Millionen Menschen mit so starken Einschränkungen der Sehkraft, dass die Medizin von einer Blindheit spricht. Mit Hilfe der im Jahr 1825 entwickelten Brailleschrift, auch bekannt als Blindenschrift, können diese Menschen lesen und mit ihrer Umwelt interagieren. Die Brailleschrift besteht aus vielen kleine Strukturen, welche die blinde Person mit Hilfe der Fingerkuppen erfühlen kann. Ein neues Implantat, welches direkt auf die Augennetzhaut operiert wird, macht es nun möglich, dass blinde Menschen die Brailleschrift tatsächlich lesen können - ohne die Fingerkuppen zu benutzten.

Das Netzhautimplantat verwandelt die Buchstaben der Brailleschrift in elektrische Reize, welche im Sehzentrum des Blinden bestimmte Formen und Muster erscheinen lässt. Ein an Retinopathia pigmentosa erkrankter Franzose, der dieses neue Netzhautimplantat seit einigen Monaten nutzt, kann mit Hilfe dieser Technik bereits Buchstaben, Wörter und ganze Sätze lesen.

Für diesen medizinischen Fortschritt nutzten die Ärzte ein bereits in Europa zugelassenes Gerät mit der Bezeichnung Argus II. Diese Vorrichtung des amerikanischen Herstellers Second Sight, soll blinden Menschen ein minimales Sehvermögen ermöglichen. Argus II basiert auf einer Netzhautprothese, welche über an einer Brille befestigten Minikamera, drahtlos mit Echtzeit-Bildinformationen versorgt wird. Das Implantat umfasst 60 winzige Elektroden, welche Signale an die Netzhaut weitergeben können. Die Netzhaut verschickt diese Bildinformationen dann über den Sehnerv, wo sie anschließend im Sehzentrum des Gehirns verarbeitet werden.

Bei dem aktuellen medizinischen Experiment dient die Minikamera allerdings nicht als Informationsquelle für komplette Bildinformationen. Es wurden lediglich sechs Elektroden genutzt, um die Buchstabeninformationen der Brailleschrift an die Netzhaut zu senden. Hierbei handelt es sich um ein Minimum, denn um die Brailleschrift sicher zu erkennen, werden sechs Kodierungspunkte benötigt.

Der blinde Franzose benötigte einige Wochen Training, um die über das Netzhautimplantat gesendeten Schriftinformationen richtig zu deuten. Nach angaben der Wissenschaftler sind kurze Wörter kein Problem, jedoch lassen sich komplexe Texte derzeit noch nicht lesen. Sie sind jedoch zuversichtlich, dass sich das System so weit verbessen lässt, dass auch dieses Problem behoben werden kann. So könnten blinde Menschen mit diesem System zukünftig Zugang zu digitalen Schriften, wie eBooks oder dem Internet haben. Eine spezielle Software würde dann die digitalen Texte in passende Signale umwandeln müssen, so die Forscher.

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