Robert Klatt
Ein neues Brain-Computer-Interface (BCI) und eine Künstliche Intelligenz (KI) übersetzen die Hirnaktivität einer Schlaganfallpatientin nahezu in Echtzeit in Text oder gesprochene Sprache. In Zukunft könnte das System Menschen mit Sprachstörungen ihre Sprachfähigkeit zurückgeben.
Berkeley (U.S.A.). Ein Schlaganfall beschädigt bei vielen Betroffenen das Sprachnetzwerk des Gehirns. Es kann dadurch zu Sprachstörungen kommen, die in der Medizin als Aphasie bezeichnet werden. Manche Patienten können ihre sprachlichen Fähigkeiten wiedererlangen, während andere diese für immer verlieren. Die Wissenschaft arbeitet deshalb an Brain-Computer-Interfaces (BCIs), die die elektrischen Signale der Sprache direkt aus dem Gehirn auslesen und diese in Text oder computergenerierte Sprache umwandeln. BCIs hatten bisher jedoch deutliche Verzögerungen zwischen der Formulierung der Sätze in den Gedanken und der Ausgabe.
Forscher der University of California, Berkeley (UC Berkeley) haben nun ein neues BCI vorgestellt, das die Gehirnaktivität nahezu in Echtzeit als Text oder als Sprache ausgeben kann. Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Neuroscience ist es gelungen, die starke Verzögerung zu entfernen, indem das neue Gerät die Gehirnaktivität kontinuierlich verarbeitet, also noch während der Mensch gedanklich einen Satz formuliert.
Das neue BCI wird aktuell mit drei Probanden erprobt. Es wurden bisher nur Ergebnisse einer Patientin veröffentlicht, die ihre Sprechfähigkeit nach einem Schlaganfall verloren hat. Der Patientin wurde ein Implantat mit 253 Elektrodenkanälen über dem motorischen Sprachzentrum eingepflanzt, das permanent die Gehirnaktivität in diesem Bereich überwacht.
Um die Gehirnaktivität in einen Text oder Sprachausgaben zu übersetzen, nutzen die Forscher eine Künstliche Intelligenz (KI). Die haben sie trainiert, indem die Patienten vorgegebene Sätze aus 1.024 vorgegebenen Wörtern gedanklich formuliert hat und die dabei entstandene Gehirnaktivität aufgezeichnet wurde. Es konnte so ermittelt werden, welche Signale zu welchen Wörtern gehören.
Anschließend hat die Probandin gedanklich weitere Sätze formuliert, um zu überprüfen, ob die KI diese korrekt ausgeben kann. Die Verzögerung der Ausgabe lag bei nur einer Sekunde, während ältere BCIs dafür 20 Sekunden und mehr benötigen. Die Fehlerrate bei der Textausgabe (23,9 %) und der Sprachausgabe (45,3 %) waren jedoch noch zu hoch, um das Gerät im klinischen Alltag nutzen zu können. Bisher ist das BCI somit nur eine technische Machbarkeitsdemonstration, die noch weiterentwickelt werden muss.
Nature Neuroscience, doi: 10.1038/s41593-025-01905-6