Robert Klatt
Laut Ergebnissen der zweiten bundesweiten zweite Antikörperstudie ist die Dunkelziffer bei Covid-19-Infektionen in Deutschland hoch.
Berlin (Deutschland). Vor allem bei gesunden jüngeren Erwachsenen und bei Kindern verläuft Covid-19 häufig mild oder vollkommen symptomlos. Auch die Impfungen haben die Anzahl schwerer Verläufe von Covid-19 stark reduziert. Hinzukommt, dass bei der aktuellen Infektionswelle mit der Omikron-Variante BA.5 bei vielen Verdachtsfällen kein PRC-Test mehr erfolgt. Eventuell mit SARS-CoV-2 infizierte Menschen tauchen damit nicht mehr in den offiziellen Statistiken auf. Gesundheitsexperten sind deshalb der Ansicht, dass die Covid-19-Dunkelziffer in Deutschland hoch sein muss.
Ob Menschen tatsächlich mit dem Virus infiziert waren, kann noch Monate später anhand von Antikörpers untersucht werden. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat deshalb bereits 2020 eine bundesweite Antikörperstudie durchgeführt. Eine zweite Antikörperstudie führte das RKI von November 2021 bis Februar 2022 durch. An der Studie nahmen 11.162 Personen ab 14 Jahren teil, denen Blutproben entnommen wurden. Zudem wurden die Probanden befragt.
Laut den nun veröffentlichten Ergebnissen waren schon zum Jahreswechsel 2021/2022, als die Delta-Variante ihren Höhepunkt erreichte, 92 Prozent der Erwachsenen seropositiv. In ihrem Blut waren also Antikörper vorhanden, die der Körper aufgrund einer Impfung oder Infektion gebildet hatte. Laut Schätzungen der Experten des RKI waren zu diesem Zeitpunkt etwa 90 Prozent der Probanden mindestens einmal geimpft und hatten einen zusätzlichen Antigenkontakt durch eine weitere Impfung oder eine Infektion.
Die Daten zeigen zudem, dass Ende 2021 etwa ein Zehntel der Bevölkerung mindestens einmal mit SARS-CoV-2 infiziert war. Im Anbetracht der Länge der Covid-19-Pandemie und im Vergleich mit Daten aus anderen Ländern erscheint dies laut dem RKI zu gering. Die hohe Dunkelziffer liegt vor allem daran, dass bereits in der Deltawelle die offiziellen Meldedaten deutlich unter den tatsächlich ermittelten Fallzahlen lagen. Diese waren etwa 1,5 bis zweimal höher. Viele Infektionen wurden demnach nicht erfasst.
Weil die Probanden medizinischer Studien meist eher vorsichtig sind und eine hohe Impfbereitschaft besitzen, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Anteil von Infizierten in der Allgemeinbevölkerung deutlich höher ist. „Es muss daher davon ausgegangen werden, dass in dieser Studie der Anteil Geimpfter in der Bevölkerung überschätzt und der Anteil der Infizierten unterschätzt wird“, erklären die Wissenschaftler des RKI.
Laut der RKI-Studie könnte die Differenz zwischen den offiziellen Meldedaten und den tatsächlichen Infektionen aktuell noch weiter ansteigen. Dafür spricht laut den Autoren die Zunahme an Covid-19-Patienten auf deutschen Intensivstationen, der aktuell mit 1.363 Fällen auf dem höchsten Stand seit Ende April 2022 liegt.
Zudem lassen sich Menschen mit Erkältungssymptomen laut den Epidemiologen oft nicht mehr testen. Auch bei positiven Selbsttests lassen viele Infizierte keinen PRC-Test mehr durchführen und werden dadurch nicht in den offiziellen Zahlen erfasst. Für diese Thesen spricht auch die deutliche Zunahme von Krankmeldungen wegen Covid-19 und anderen Erkältungskrankheiten, deren Symptome einem milden Covid-19-Verlauf entsprechen. Insgesamt ist somit von einer hohen Dunkelziffer in Deutschland auszugehen.