Schweinehaltungen

Influenzaviren mit Pandemie-Potenzial in Deutschland nachgewiesen

Robert Klatt

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In mehr als 50 Prozent der untersuchten Schweinemastbetriebe wurden Schweine-Influenzaviren nachgewiesen, die durch einen Gen-Austausch mit anderen Viren auch für den Menschen gefährlich werden können.

Greifswald (Deutschland). Wie zuletzt die SARV-CoV-2-Pandemie gezeigt hat, sind Tiere eine der Hauptquellen neuer Krankheitserreger und Epidemien. Eine neue Studie der Vereinten Nationen (UN) hat überdies kürzlich belegt, dass Tierkrankheiten immer häufiger auf den Menschen übergehen. Möglich ist dies, weil sogenannte zoonotische Krankheiten (Zoonosen) im Körper infizierter Tiere mit anderen Viren Gene austauschen und dadurch die Fähigkeit erhalten auch menschliche Zellen anzugreifen.

Zoonosen entwickelten sich bisher vor allem in Afrika und Asien, wo kürzlich das G4-Virus, ein neuer Schweinegrippe-Typ mit Pandemie-Potenzial, entdeckt wurde. Wissenschaftler des Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit haben nun nachgewiesen, dass auch in Deutschland neue potenziell pandemische Viren vorkommen. Laut der im Fachmagazin Cell Host and Microbe publizierten Studie untersuchten die Forscher um Timm Clemens Harder dazu mehr als 18.000 Proben aus 2.500 europäischen Schweinemastbetrieben.

31 Virenvarianten mit neuartigen Genkombinationen

Dabei entdeckten die Wissenschaftler bei mehr als 50 Prozent der schweinehaltenden Betrieben Infektionen mit vier unterschiedlichen Schweine-Influenzaviren. Diese haben durch den Austausch mit dem humanen Influenzavirus A(H1N1)/2009, der im Jahr 2009 die Schweinegrippe ausgelöst hat, 31 Virenvarianten mit zuvor unbekannten Genkombinationen erzeugt.

Belegt wird dies unter anderem durch zwölf neue Kombinationen der Proteine Neuraminidase und Hämagglutinin, die bisher nur in den neu entdeckten Influenza-Varianten vorkamen. Laut den Studienautoren „sind die Konsequenzen dieser Rekombinationen für die Virulenz und das Wirtsspektrum weitgehend unbekannt.“

Übertragung auf den Menschen möglich

Eine detaillierte Analyse der neuen Influenza-Varianten zeigt überdies, dass einige der Viren gegen das antivirale Protein MxA bereits eine Immunität entwickelt haben. Es handelt sich dabei um einen zentralen Baustein des Immunsystems des Menschen. Co-Autor Martin Schwemmle vom Universitätsklinikum Freiburg erklärt, dass „einige der Schweine-Influenza-Viren damit bereits eine wichtige Barriere für die Übertragung auf den Menschen überwunden haben und dass dies das Risiko deutlich erhöht.“

Die Studienergebnisse zeigen somit, dass Schweineviren eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung neuer Influenzaviren einnehmen. Harder konstatiert daher, dass „die europäischen Schweinepopulationen demnach Reservoire für neu auftretende Influenza-Linien mit zoonotischem und möglicherweise auch präpandemischem Potenzial repräsentieret.“

Cell Host and Microbe, doi: 10.1016/j.chom.2020.07.006

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