Robert Klatt
Senioren, die regelmäßig das Internet nutzen, haben ein deutlich geringeres Demenzrisiko. Wahrscheinlich liegt dies daran, dass das Internet dabei hilft, kognitive Reserven zu entwickeln und zu behalten.
New York (U.S.A.). Laut der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. (PDF) leiden in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen an Demenz. Es ist bereits bekannt, dass Menschen ihr Demenzrisiko unter anderem durch normalen Body-Mass-Index (BMI) im Normalbereich, ausreichend körperliche Aktivität und soziale Kontakte reduzieren können. Eine Studie der New York University (NYU) kam nun zu dem Ergebnis, dass auch regelmäßiges Surfen im Internet das Demenzrisiko bei Senioren senkt.
Laut der Publikation im Journal of the American Geriatrics Society haben die Forscher für ihre Studie Daten der Health and Retirement Study (HRS) des National Institute on Aging (NIA) und der Social Security Administration (SSA) analysiert. Sie fokussierten sich auf eine Gruppe von 18.154 Personen im Altersbereich 50 bis 65 Jahren, die bei Beginn der Forschungsperiode keine Anzeichen von Demenz aufwiesen.
Diese Gruppe wurde etwa acht Jahre lang intensiv begleitet. Es war notwendig, dass die ausgewählten Teilnehmer zu Beginn und danach biennal angaben, ob sie das Internet routinemäßig zur Kommunikation wie E-Mail-Austausch nutzten oder für andere Aktivitäten, etwa zum Online-Shopping, Informationsbeschaffung oder Buchung von Reisen.
Die Analyse der Daten zeigt, dass Probanden, die zu Studienbeginn das Internet regelmäßig nutzten, ein deutlich geringeres Risiko für die Entwicklung von Demenz haben (43 %) als Probanden, die das Internet nur selten oder gar nicht nutzten. Interessanterweise zeigten rund fünf Prozent der Studienteilnehmer im Verlauf der Studie Anzeichen von Demenz, wobei die Mehrheit dieser Gruppe angab, dass sie im Vorfeld keine regelmäßige Internetnutzung praktiziert hatte. Gegenüber CNN erklärte Virginia Chang, dass dies ein Indiz dafür ist, dass das Gehirn durch die regelmäßige Internetnutzung langsamer alter.
„Internetnutzung kann dazu beitragen, kognitive Reserven zu entwickeln und aufrechtzuerhalten, was wiederum die Alterung des Gehirns ausgleichen und das Demenzrisiko verringern kann.“
Interessanterweise zeigt die Analyse der Daten, dass Aspekte wie Bildungsstand, Geschlecht oder ethnische Herkunft keinen direkten Zusammenhang mit Demenzrisiko in Bezug auf die Internetnutzung aufwiesen. Überdies wurden bestimmte gesundheitsschädliche Verhaltensweisen wie regelmäßiger Alkoholgenuss, Rauchen oder Fettleibigkeit, Faktoren, die bekanntermaßen das Demenzrisiko erhöhen, bei dieser Untersuchung außer Acht gelassen.
Allerdings stieß ein bestimmter Aspekt auf besonderes Interesse seitens der Wissenschaftlerinnen. Es zeigte sich, dass das Demenzrisiko am niedrigsten war bei denjenigen, die angaben, täglich zwischen 0,1 und 2 Stunden online zu verbringen. Bei denjenigen, die mehr als zwei Stunden täglich online waren, konnte diese schützende Wirkung in den Daten allerdings nicht bestätigt werden. Es wurde angenommen, dass längere Internetnutzung möglicherweise nachteilige Auswirkungen auf das Demenzrisiko haben könnte, obwohl die Forscherinnen betonten, dass dies noch weiterer Untersuchungen bedarf.
Claire Sexton, eine Wissenschaftlerin von der Alzheimer's Association, die nicht an der Studie beteiligt war, bezeichnete die Ergebnisse gegenüber CNN als wichtig.
„Insgesamt handelt es sich um eine wichtige Studie. Sie identifiziert einen weiteren potenziell modifizierbaren Faktor, der das Demenzrisiko beeinflussen könnte.“
Laut ihr sollten die aussagekräftigen aber nicht überbewertet werden, weil die Daten es nicht ermöglichen, einen kausalen Zusammenhang abzuleiten.
Journal of the American Geriatrics Society, doi: 10.1111/jgs.18394