Robert Klatt
Menschen mit erhöhtem Blutdruck (Hypertoniker) wird meist Ausdauersport empfohlen. Eine Metastudie hat nun untersucht, ob auch Krafttraining den Blutdruck senken kann.
São Paulo (Brasilien). Die medizinischen Leitlinien empfehlen Menschen mit erhöhtem Blutdruck (Hypertoniker) ein Ausdauertraining von 75 bis 150 Minuten pro Woche mit hoher Intensität (über 6 metabolische Einheiten) oder 150 bis 300 Minuten pro Woche mit mittlerer Intensität (3 bis 6 metabolische Einheiten). Laut einer aktuellen Metastudie, die im Fachmagazin Medicine & Science in Sports & Exercise publiziert wurde, kann die vermehrte körperlichen Aktivität den systolischen Blutdruck um 5 bis 17 mm Hg und den diastolischen Wert um 2 bis 10 mm Hg reduzieren.
Ob sich auf Kraftsport positiv auf zu hohen Blutdruck auswirkt, wurde bisher deutlich weniger untersucht. Ein Team der Universität in São Paulo um Giovana Teixeira konnte deshalb für ihre Metastudie nur 14 randomisierte Studien mit insgesamt 253 Probanden finden.
In den meisten der untersuchten Studien waren Teilnehmer im fortgeschrittenen Alter von 60 bis 68 Jahren vertreten, die schon seit geraumer Zeit unter erhöhtem Blutdruck litten und diesen meistens medikamentös therapieren ließen. Lediglich zwei Studien bezogen sich laut der Publikation im Fachmagazin Scientific Reports auf eine jüngere Patientengruppe im Alter von 18 bis 64 Jahren, die zufällig entweder Kraftsport oder einer Vergleichsgruppe zugewiesen wurden.
Laut der Analyse der Studiendaten kann Krafttraining bei allen Altersgruppen den systolischen Blutdruck um durchschnittlich 9,52 mm Hg (95-%-Konfidenzintervall von 6,14 bis 12,89 mm Hg) reduzieren. Die Konformität der Ergebnisse in den verschiedenen Studien (I-Quadrat-Wert von 90 %) war groß. Zudem reduziert Kraftsport den diastolischen Wert im Mittel um 5,19 mm Hg (2,39-7,98 mm Hg), ebenfalls mit einer hohen Konsistenz zwischen den einzelnen Untersuchungen (I-Quadrat-Wert von 93 %).
Allerdings ist für eine effektive Wirkung erforderlich, dass die von Hypertonie Betroffenen mindestens zwei- bis dreimal wöchentlich im Fitnessstudio trainieren und ihre Muskulatur mit mindestens 60 Prozent des Einwiederholungsmaximumss (1RM) beanspruchen. In den Studien hat ein geringeres Trainingsgewicht lediglich den systolischen Wert reduziert. Bei jüngeren Hypertonikern fiel der Blutdruck stärker als bei älteren Teilnehmern. Die Wirkung setzt nach etwa zwei Trainingsmonaten ein und bleibt nach der Beendigung des Trainings noch etwa 14 Wochen bestehen.
Der Wissenschaftler führt die Effekte des Krafttrainings auf eine Zunahme der Herzfrequenz sowie auf eine erhöhte Ausschüttung von Stickstoffmonoxid (NO) im arteriellen Endothel zurück. NO, ein körpereigener Vasodilatator, bewirkt eine Erweiterung der Blutgefäße, wodurch der Blutdruck abnimmt, und die Durchblutung des Gewebes optimiert wird. Langfristig manifestieren sich zusätzlich eine Abnahme der Ruheherzfrequenz, eine gesteigerte Herzfunktion und eine höhere maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max).
Medicine & Science in Sports & Exercise, doi: 10.1249/MSS.0000000000001943
Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-022-26583-3