Robert Klatt
Das Risiko für Frühgeburten nimmt mit der Temperatur zu. In Deutschland könnte sich die Anzahl der Frühgeburten durch den Klimawandel deshalb bis 2033 verdoppeln.
Hamburg (Deutschland). In Europa werden Hitzewellen und Temperaturrekorde durch den Klimawandel in Zukunft deutlich öfter auftreten. Bereits im letzten Sommer starben laut einer Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) in Deutschland an den Folgen etwa 4.500 Menschen. Es wird somit deutlich, dass auch klimatisch eher gemäßigten Regionen wie Deutschland die Hitze den Menschen stark bedroht.
Eine Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zeigt nun, dass der Klimawandel, genauer gesagt die von ihm verursachten Hitzewellen auch, dass das Risiko einer Frühgeburt in der 34. bis 37. Schwangerschaftswoche signifikant erhöht. Laut der Publikation im Fachmagazin eBioMedicine ist das Risiko bei Temperaturen von über 30 Grad Celsius um 20 Prozent höher. Bei Temperaturen von über 35 Grad Celsius nimmt das Risiko laut Petra Arck sogar um 45 Prozent zu.
„Auffällig war, dass die werdenden Mütter ein bis zwei heiße Tage offensichtlich überbrücken konnten.“
Mehrere besonders heiße Tage hintereinander erhöhen hingegen das Risiko einer Frühgeburt, besonders dann, wenn das Wärmeempfinden der werdenden Mütter durch eine hohe Luftfeuchtigkeit zusätzlich beeinflusst wird.
Die Studie basiert auf Gesundheitsdaten von 42.000 Frauen, die innerhalb der letzten zwei Dekaden im UKE zur Geburt eingeliefert wurden. Sie stellten eine Verbindung her zwischen den prognostizierten und den tatsächlich eingetretenen Geburtsdaten und den Klimadaten, die vom Hamburger Wetterdienst veröffentlicht wurden. Insbesondere legten sie ihren Fokus auf die Monate von März bis September, in welchen die Temperaturen außergewöhnlich hoch ausfielen.
Hitze stellt eine erhebliche Belastung für Schwangere dar. Dies liegt daran, dass der Druck des Bauches auf die Hauptvene dazu führt, dass weniger Blut zum Herzen zurückfließt, ein Effekt, der durch hohe Temperaturen verstärkt wird. Dies kann wiederum die Nährstoffversorgung des ungeborenen Babys beeinträchtigen. Forscherinnen empfehlen daher, dass werdende Mütter zwischen der 34. und 38. Schwangerschaftswoche bei hohen Temperaturen direkte Sonneneinstrahlung meiden und ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen sollten.
Die Studie des EKE bestätigt somit die Ergebnisse einer Metaanalyse, die 2020 im Fachmagazin bmj publiziert wurde. Sie stellte fest, dass Schwangere, die höheren Temperaturen ausgesetzt waren, eine höhere Rate an Frühgeburten aufwiesen im Vergleich zu Frauen, die keiner Hitzebelastung ausgesetzt waren. Die Autoren der Studie führten weiter aus, dass selbst eine moderate Erhöhung der Durchschnittstemperatur um lediglich ein Grad Celsius das Risiko für Frühgeburten um fünf Prozent steigern könnte.
Gemäß gegenwärtigen Klimavorhersagen könnte bis 2033 aufgrund steigender Temperaturen fast jedes sechste Kind in Deutschland vorzeitig zur Welt kommen. Dies würde eine Verdoppelung der derzeitigen Zahlen bedeuten.
eBioMedicine, doi: 10.1016/j.ebiom.2023.104651
bmj, doi: 10.1136/bmj.m3811