D. Lenz
Leukämie ist die häufigste Krebserkrankung bei Kindern. Ein neues Verfahren könnte die Rettung für viele Betroffene bedeuten, da die Suche nach geeigneten Spendern stark vereinfacht wird.
Rom (Italian). Italienischen Medizinern ist möglicherweise eine Revolution im Kampf gegen Leukämie gelungen. Bisher war es möglich diese Krebserkrankung bei einigen Patienten mit Chemotherapie gut zu behandeln. Hartnäckige Ausprägungen der Krankheit reagierten jedoch kaum auf die Behandlung. In diesem Fall ist die einzige Rettungsmöglichkeit das völlige Ersetzen des erkrankten Knochenmarks des Kindes durch neues, gesundes Knochenmark. Problematisch an diesem Vorgehen war bisher vor allen die Suche nach einem geeigneten Spender, da häufig auch die eigenen Eltern nicht als Spender in Frage kamen. Das neue Verfahren aus Italien erlaubt es nun auch halbpassenden Personen das lebenswichtige Knochenmark zu spenden.
Bisher war es nötig, dass Spender und Empfänger bei den wesentlichen Merkmalen exakt übereinstimmen, da sonst transplantierten Blutstammzellen abgestoßen werden würden. Entscheidend für die Akzeptanz der Blutstammzellen sind vor allen die humanen Leukozyten-Antigene (HLA), die sich auf der Oberfläche befinden. Diese Merkmale sind bei engen Verwandten aufgrund der Vererbung zwar ähnlich, aber selbst Eltern oder Geschwister haben oft nicht die passende Blutzellensignatur.
Im Fachmagazin blood haben Mediziner nun eine Methode vorgestellt, die es erlaubt das gespendete Knochenmark naher Verwandter nachträglich so anzupassen, dass es vom Empfänger nicht abgestoßen wird. Dazu werden die gespendeten Zellen gereinigt, um nur die Zellen deren Gewebemerkmale passen, zu erhalten. Sollte das Verfahren in der Praxis Anwendung finden, könnten in Zukunft nahezu alle Eltern Knochenmark für ihre leukämiekranken Kinder spenden.
Die HLA-Merkmale und das Erbgut eines Menschen setzten sich zu gleichen Anteilen aus Eigenschaften der Mutter und des Vaters zusammen. Beide Elternteile haben also auch einen Anteil Knochenmarkzellen mit passenden HLA-Merkmalen, die dem Kind gespendet werden können. Das von Franco Locatelli und seinem Team an der Universität Padua entwickelte Verfahren ermöglicht es, diese passenden Blutstammzellen aus dem gespendeten Knochenmarkzellen zu extrahieren. Dabei werden auch die alpha-T- und B-Zellen herausgefiltert, die für die Abstoßungsreaktionen maßgeblich verantwortlich sind.
Im Zeitraum zwischen September 2011 und September 2014 haben die Forscher das Verfahren mit 80 Kindern ausprobiert. Zur Vorbehandlung wurden bei allen Patienten die Knochenmarkszellen mit einer Chemotherapie abgetötet. Danach erhielten sie ein Medikament, dass verhindern soll, dass die T-Zellen des Immunsystems wirken. Die Chance einer Abstoßung wurde so deutlich reduziert. Den Kindern wurden dann die gefilterten Blutstammzellen transplantiert.
Die Studie verlief erfolgreich. Bei allen 80 Kindern wurde das haploidentischen Knochenmark nach der Transplantation nicht abgestoßen. 30 Prozent der Patienten zeigten geringe Abwehrreaktionen, die sich vor allen auf der Haut bemerkbar machten. Locatelli berichtete, dass lediglich bei zwei Kindern die Behandlung keinen Erfolg zeigte.
Die Überlebensrate nach der Behandlung lag bei 71 Prozent, was in etwa der selben Rate der Vergleichsgruppe entspricht, die mit HLA-identischen Blutstammzellen behandelt wurde. Die Forscher kamen nach ihrer Studie zu dem Schluss, dass ihr Verfahren mit gereinigten Blutstammzellen eine Alternative für Kinder bei denen kein geeigneter Spender gefunden werden konnte darstellt. Das Team erklärte, dass "ihre Methode damit die Chance eröffne, nahezu jedem Kind mit Leukämie die nötige Stammzell-Transplantation zu geben." Die Mediziner halten er für wahrscheinlich, dass in Zukunft auch Erwachsene mit ihrer Methode behandelt werden können.