Robert Klatt
Hohe körperliche Belastungen im Beruf machen den Menschen nicht „fit“, sondern erhöhen die Gesamtmortalität und die Herz-Kreislauf-Zwischenfälle.
Kopenhagen (Dänemark). Wissenschaftler des National Research Centre for the Working Environment in Kopenhagen haben den Einfluss physischer Aktivität in Freizeit und Beruf auf die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Todesfällen untersucht. Die im European Heart Journal publizierte Studie basiert auf Gesundheitsdaten von 104.046 Männer und Frauen im Alter zwischen 20 und 100 Jahren, die im Rahmen der Kopenhagen-Bevölkerungsstudie (Copenhagen General Population Study) zwischen den Jahren 2003 und 2014 gewonnen wurden.
„Wir haben in unserer Analyse verschiedene Faktoren ausgeglichen, sodass man die Ergebnisse nicht mit Lebensstil, Gesundheitszustand oder sozialem bzw. wirtschaftlichem Status erklären kann“, sagt Andreas Holtermann.
In der zehnjährigen Nachbeobachtungszeit kam es zu insgesamt 9.846 Todesfälle (9,5 Prozent Sterblichkeit) und 7.913 schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen (7,6 Prozent der Teilnehmer). Die Studie definiert als „schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen“ Schlaganfälle, tödliche und nicht-tödliche Herzinfarkte sowie Todesfälle durch Koronarerkrankungen.
Die Gesundheitsdaten zeigen, dass eine mittlere körperliche Aktivität im Vergleich zu einer geringen körperlichen Aktivität die Todesrate um 26 Prozent reduziert. Bei einer hohen körperlichen Aktivität sinkt die Todesrate sogar um 41 Prozent. Dies zeigt laut den Forschern, dass Sport in jedem Fall positiv für die Gesundheit ist.
Bei Menschen mit hoher oder sehr hoher körperlicher Belastung im Beruf ist die Gesamtmortalität hingegen 13 Prozent beziehungsweise 27 Prozent höher als bei Menschen mit geringer körperlicher Aktivität.
Eine ähnliche Korrelation gibt es auch bei Herz-Kreislauf-Todesfällen und -Krankheiten. Bereits mäßiger Sport reduziert die akuten Herz-Kreislauf-Zwischenfälle gegenüber keinem Sport um 14 Prozent. Eine mittlere Trainingsintensität reduziert Herz-Kreislauf-Zwischenfälle um 23 Prozent und eine sehr hohe Intensität um 15 Prozent.
Bei hoher körperliche Belastung im Beruf ist die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Akuterkrankungen bzw. Todesfälle im Vergleich zu geringer Aktivität hingegen um 15 Prozent höher. Die Erkrankungshäufigkeit und Gesamtmortalität nehmen bei sehr hoher körperlicher Anstrengung im Beruf sogar um 35 Prozent zu.
Die Studie zeigt somit, dass schwere körperliche Arbeit nicht zu einer guten Herz-Kreislauf-Fitness führt. „Viele Menschen mit manuellen Jobs glauben, dass sie durch ihre Arbeit fit und werden bzw. bleiben – und sich dann zu Hause ausruhen sollten. Unsere Arbeit deutet darauf hin, dass das nicht der Fall ist“, erklärt Holtermann. Außerdem deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die positiven Effekte von Sport mit zunehmender Intensität zu einem Plateau führen, das auch mit noch größerer Belastung nicht überwunden werden kann.
European Heart Journal, doi: 10.1093/eurheartj/ehab087