Robert Klatt
Regelmäßiger Koffeinkonsum reduziert das Volumen der grauen Hirnsubstanz und des Hippocampus, einer Hirnregion, die zentral für das Gedächtnis ist.
Basel (Schweiz). Koffein, der Wirkstoff von Kaffee, ist die weltweit wohl am häufigsten konsumierte psychoaktive Substanz. Laut dem Deutschen Kaffeeverband konsumieren Erwachsene in der Bundesrepublik etwa 166 Liter pro Jahr und auch in Österreich und der Schweiz ist Kaffee das beliebteste Getränk. Welchen Folgen dieser hohe Konsum für die Gesundheit des Menschen hat, konnte die Forschung bisher nicht vollumfänglich zeigen.
Bekannt ist unter anderem, dass Kaffee durch die Aktivierung des brauen Fettgewebes beim Abnehmen hilft und die Lebenserwartung erhöht, aber auch, dass Kaffee Schlafstörungen verursachen kann. Diese wirken sich wiederum auf die graue Gehirnmasse aus. Ob Koffein dadurch das Gehirn langfristig verändert, haben nun Wissenschaftler der Universität Basel und der Psychiatrischen Kliniken Basel untersucht.
Laut der Publikation im Fachmagazin Cerebral Cortex führte das Team um Carolin Reichert und Christian Cajochen dazu eine Studie mit 20 jungen, gesunden Probanden durch, die im Alltag regelmäßig Kaffee trinken. Die Studie wurde in zwei Abschnitte von jeweils zehn Tagen unterteilt, in denen die Probanden entweder Koffeintabletten oder ein Placebo erhielten. Auf weiteres Koffein in Form von Kaffee oder Energydrinks verzichteten die Probanden.
Am Ende der zehn Tage bestimmten die Forscher mithilfe von Hirnscans das Volumen der grauen Substanz. Die graue Substanz des Gehirns ist ein Teil des zentralen Nervensystems, der hauptsächlich aus Zellkörpern der Nervenzellen besteht.
Außerdem wurde die Schlafqualität der Probanden dokumentiert. Die Analyse der Daten zeigt überraschend, dass das Koffein die Schlafqualität im Vergleich zu den Placebos nicht beeinflusst.
Bei der grauen Substanz des Gehirns gab es hingegen deutliche Veränderungen. Nach zehn Tagen ohne Koffein war das Volumen dieser Hirnregion deutlich größer als nach der Studienphase mit Koffeinkonsum. Am deutlichsten war dies im rechten medialen Temporallappen inklusive des Hippocampus. Es handelt sich dabei um eine Hirnregion, die entscheidend für das Gedächtnis ist.
Carolin Reichert: „Unsere Ergebnisse bedeuten nicht zwingend, dass Koffeinkonsum negative Auswirkungen auf das Gehirn hat, aber offensichtlich verändert der alltägliche Koffeinkonsum unsere kognitive Hardware, was zumindest Anlass für weitere Studien geben sollte.“
Nach zehn Tagen Koffeinentzug regenerierte sich das Volumen der grauen Hirnsubstanz wieder. Koffein scheint das Gehirn also nicht langfristig zu verändern.
Carolin Reichert: „Die Veränderungen der Hirnmorphologie scheinen also temporär. Aber systematische Vergleiche zwischen Kaffeetrinkern und Personen, die üblicherweise kein oder nur wenig Koffein konsumieren, fehlen bisher.“
Bisher wurden die Auswirkungen von Koffein vor allen in Patientenstudien, also mit kranken Menschen, untersucht. Welche Auswirkungen Koffein auf gesunde Menschen hat, hat die Wissenschaft hingegen kaum analysiert. Weitere Studien sollen nun diese Forschungslücke schließen.
Cerebral Cortex, doi: 10.1093/cercor/bhab005