Kohlenhydrat-Insulin-Modell

Kohlenhydratarme Ernährung hilft Übergewichtigen beim Abnehmen

 Robert Klatt

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Eine randomisierte Studie hat die Annahmen des Kohlenhydrat-Insulin-Modells bestätigt, laut dem bei einer kohlenhydratreichen Ernährung zugeführte Kalorien vermehrt in Fett umgewandelt werden. Um ohne starkes Hungergefühl abnehmen zu können, sollten Übergewichtige deshalb auf eine Ernährung mit wenig Kohlenhydraten umsteigen.

Framingham (U.S.A.). Die Zahl der übergewichtigen und fettleibigen Menschen ist vor allen in den U.S.A. seit den 1970er exponentiell gestiegen. Einige Ernährungswissenschaftler sehen dafür eine Kampagne der damaligen US-Regierung als Ursache, die eine fettarme und dafür kohlenhydratreiche Ernährung befürwortete. Kritiker dieser Theorie sehen hingegen den zunehmenden Bewegungsmangel und nicht die Ernährungsumstellung als Ursache. Dafür spricht auch eine kürzlich veröffentlichte Studie, deren Probanden unabhängig davon, ob sie viel Kohlenhydrate oder viel Fett konsumieren Gewicht abnahmen, solange sie auf Zucker und Weißmehl verzichteten.

Betrachtet man das Kohlenhydrat-Insulin-Modell, klingt allerdings die Annahme, dass eine Ernährung mit einem hohen Kohlenhydratanteil Übergewicht begünstigt stimmig. Auch die Erfahrungen von Benjamin Oltmann, die er in seinem Ernährungsplan zusammengefasst hat, stimmen mit den Annahmen des Kohlenhydrat-Insulin-Modells überein. Eine hohe glykämische Last, die durch eine Mahlzeit mit einem hohen Kohlenhydratanteil ausgelöst wird, sorgt laut diesem Modell dafür, dass die Insulinausschüttung zunimmt und im Körper ein unausgeglichenes Insulin-Glukagon-Verhältnis entsteht. Dies verhindert wiederum, dass die aufgenommenen Kalorien vollständig zur Energiegewinnung oxidiert werden. Stattdessen werden sie wie Dr. Cara Ebbeling, Autorin der im British Medical Journal publizierten Studie erklärt im Fettgewebe eingelagert. Dies könnte besonders bei Personen, die aufgrund ihrer genetischen Veranlagung überdurchschnittlich viel Insulin ausschütten, die Entstehung von Adipositas begünstigen.

Beobachtungsstudie untersucht Kohlenhydrat-Insulin-Modell

Um zu überprüfen, ob das Kohlenhydrat-Insulin-Modell tatsächlich zur Entstehung von Übergewicht beiträgt und den Körper von Kalorien verbrennen auf Kalorien in Fett umwandeln umstellt, hat die Framingham State University die erste randomisierte Studie zu dieser Theorie durchgeführt. Die Wissenschaftler konnten für ihre Studie 164 übergewichtige oder adipöse Probanden gewinnen, die vor Beginn des 20 Wochen dauernden Beobachtungszeitraums bereits in der Einführungsdiät im Durchschnitt elf Prozent ihres Gewichts verloren hatten.

Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer lag bei 38 Jahren, ihr Gewicht bei 90 Kilogramm und der BMI bei 32. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht man ab einem BMI von 30 von einer Fettleibigkeit, ein BMI zwischen 25 und 29,9 ist als Übergewicht definiert.

Studentenmenüs aus der Mensa

Das Ziel der auf die Einführungsdiät folgende Beobachtungsstudie war, dass die Teilnehmer ihr vorher erreichtes Gewicht mit einer Abweichung  von maximal zwei Kilogramm nach unten oder oben halten. Den dafür notwendigen Kalorienbedarf haben die Wissenschaftler anhand des körperlichen Aktivitätslevels und des Gewichts der Teilnehmer errechnet.

Ein Drittel der Probanden erhielt in der Uni Mensa während der fünfmonatigen Studie Mahlzeiten mit einem hohen Kohlenhydratanteil (60 %), ein Drittel mit einem mittleren Kohlenhydratanteil (40 %) und das letzte Drittel mit einem geringen Kohlenhydratanteil (20 %). Der Proteinanteil lag bei allen Studienteilnehmern bei 20 Prozent, der verbleibende Restanteil wurde jeweils mit Fetten aufgefüllt.

Kalorienumsatz anhand des Urins bestimmt

Außerdem erhielten die Probanden alle eine zwei Wochen Wasser, das abwechselnd mit Sauerstoff- und Wasserstoffisotopen angereichert wurde. Anhand der Isotopenwerte im Urin konnten die Wissenschaftler so den Kalorienumsatz der Studienteilnehmer errechnen. Nachdem Ablauf der fünfmonatigen Studie konnten 120 der 164 Probanden ihr Anfangsgewicht halten oder sogar noch verringern.

Die Untersuchung der Isotopenwerte dieser Gruppe zeigte, dass die kohlenstoffarme Ernährungsform zu einem wesentlich höheren Energieumsatz und einer damit geringeren Fetteinlagerung führte, was die Annahmen des Kohlenhydrat-Insulin-Modells bestätigt. Am stärksten profitiert haben von der Ernährungsumstellung wie vorhergesagt Probanden, bei denen zuvor eine überdurchschnittlich hohe Insulinausschüttung festgestellt wurde. Das Terzil mit den höchsten Insulinwerten konnte durch die Low-Carb-Ernährung im Vergleich zur High-Carb-Ernährung etwa 480 kcal mehr pro Tag verbrennen.

Low-Carb-Ernährung reduziert Hungergefühl

Eine Hormonuntersuchung zeigte bei dieser Gruppe außerdem signifikant geringere Werte des Hungerhormons Ghrelin. Laut den Studienautoren lässt sich aus dieser Beobachtung darauf schließen, dass eine Ernährung mit wenig Kohlenhydraten parallel den Energieumsatz steigert und das Hungergefühl reduziert und so ein langfristiges Abnehmen ohne Hunger ermöglicht. Auch der Fettspeicherindikator Leptin war bei den Probanden mit Low-Carb-Diat in wesentlich geringerer Konzentration nachweisbar.

Konkret könnte ein 100 Kilogramm schwerer, 1,80 Meter großer Mann bei einer gleichbleibenden Kalorienzufuhr allein durch die Umstellung von einer kohlenhydratreichen auf eine kohlenhydratarme Ernährung innerhalb von drei Jahren zehn Kilogramm abnehmen, ohne dabei unter Hunter zu leiden.

British Medical Journal, doi: 10.1136/bmj.k4583

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