Robert Klatt
Wissenschaftler haben erfolgreich einen Roboter-Katheter getestet, der sich mit Tastsensoren und einer Minikamera autonom durch das Herz bewegt. Bei Tierversuchen mit Schweinen verliefen 89 von 90 Operationen erfolgreich. Der Roboter befindet sich damit bereits auf dem Niveau erfahrener Chirurgen.
Boston (U.S.A.). Wissenschaftler des Boston Children’s Hospital haben einen Katheter entwickelt, der sich autonom durch die Blutgefäße und das Herz bewegt. Im Herzen angelangt, sucht der Roboter- Katheter selbstständig das vorher von den Ärzten definierte Ziel. Die Spitze des Katheters verfügt dazu über Tastsensoren und eine Minikamera, die eine Orientierung ermöglichen, die derer von Nagetieren in der Nacht ähnelt. Die Sensortechnik, die sich hauptsächlich tastend durch das schlagende Herz bewegt, wird von selbstlernenden Algorithmen gesteuert.
Während der Bewegung zum Ziel berührt die Spitze des Katheters mit ihren Tastsensoren regelmäßig die Gefäßwände. Die so gewonnenen Daten werden von einer Künstliche Intelligenz ausgewertet, die anhand des jeweils abgetasteten Gewebes erkennt wo sich der Roboter aktuell befindet. Anschließend wird aus diesen Informationen die nächste Bewegung errechnet, bis das Ziel im Herzen erreicht ist. Um Verletzungen zu verhindern, verfügt die Katheterspitze außerdem über Drucksensoren, die die Anpressstärke regulieren und so Punktierungen der Gefäßwände vermeiden. Die ebenfalls vorhandene Kamera ermöglicht außerdem die Kontrolle durch Ärzte, die im Normalfall während des operativen Eingriffs aber nicht aktiv werden müssen.
Laut der im Fachmagazin Science Robotics veröffentlichten Studie verliefen erste Tierversuche mit dem Operationsroboter sehr erfolgreich. Verwendet wurden dafür Schweine, deren Herz große Ähnlichkeiten mit dem menschlichen Organ aufweist. Während der Tests musste sich der Katheter autonom von der Herzspitze, durch die linke Herzkammer zu einer defekten Aortenklappe navigieren und dort eine künstliche Herzklappe implantieren. Gewählt wurde diese Anwendungsmöglichkeit, weil defekte Aortenklappen auch in der Humanmedizin ein häufig vorkommendes Problem sind.
Um die Ergebnisse des Roboters vergleichen zu können, wurden parallel dazu dieselben Operation von Chirurgen komplett manuell und über einen per Joystick von außen gesteuertem Katheter durchgeführt.
Die Ergebnisse des Roboter-Katheter zeigen großes Potential. 89 von 90 Operationen wurden erfolgreich abgeschlossen und dies sogar schneller als bei den Chirurgen, die ihren Katheter per Joystick durch das Herz navigiert haben. Lediglich die Chirurgen, die die Operation komplett manuell durchgeführt haben, waren noch schneller.
Pierre Dupont, Professor für operative Eingriffe an der Harvard Medical School erklärt, dass die Ergebnisse der Versuche „ziemlich beeindruckend sind, wenn man bedenkt, dass der Roboter sich dabei im blutgefüllten, schlagenden Herzen bewegt und ein nur Millimeter kleineres Zeil erreichen muss."
Die „wandfolgende Autonome Navigation" kann laut den Studien Autoren auch bei anderen „minimalinvasive Prozeduren, beispielweise in Gefäßen, Atemwegen, dem Verdauungstrakt oder im Gehirn“ eingesetzt werden. In der Praxis könnte der Roboter die endoskopische Operationswerkzeug bis zum Ziel navigieren, wo dann die Chirurgen übernehmen und die eigentliche Operation durchführen. Dies soll dabei helfen, dass ähnlich wie beim Autopiloten im Flugzeug, Routineaufgaben automatisiert werden, damit der Mensch genügend Energie für die wirklich schwierigen Abschnitte des Eingriffs besitzt.