Robert Klatt
Eine Künstliche Intelligenz (KI) kann Diabetes mit hoher Genauigkeit an Veränderungen in der Stimme erkennen. Die Technik soll dabei helfen, Menschen mit nicht diagnostizierter Diabetes zu identifizieren.
Toronto (Kanada). Künstliche Intelligenz (KI) wird seit einigen Jahren auch in der Medizin verstärkt eingesetzt, etwa bei der Entwicklung neuer Antibiotika gegen multiresistente Bakterien oder dem Erkennen von Schizophrenie an der Sprache. Forscher von Klick Labs um Jaycee Kaufman haben nun eine KI entwickelt, die anhand von sechs bis zehn Sekunden der Stimme eines Menschen in Kombination mit grundlegenden Gesundheitsdaten wie Alter, Geschlecht, Größe und Gewicht erkennen kann, ob dieser an Typ-2-Diabetes leidet.
Laut der Publikation im Fachmagazin Mayo Clinic Proceedings: Digital Health nutzt die KI zur Diagnose zahlreiche stimmliche Merkmale, wie Änderungen in Tonhöhe und Intensität. Weil Diabetes bei diesen Merkmalen minimale Veränderungen, die vom menschlichen Ohr nicht wahrgenommen werden können, auslöst, kann die Technik die Krankheit erkennen.
Um ihre KI zu trainieren, haben die Forscher Stimmen von 267 Personen, die teilweise als nicht-diabetisch oder mit Typ-2-Diabetes diagnostiziert waren, aufgezeichnet. Die Probanden sprachen über zwei Wochen täglich sechsmal einen Satz in ihr Smartphone. Es wurden so über 18.000 Sprachproben gewonnen, mithilfe denen 14 akustische Merkmale, die sich bei nicht-diabetischen und Typ-2-diabetischen Personen unterscheiden, erkannt werden konnten.
„Unsere Forschung zeigt deutliche stimmliche Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Typ-2-Diabetes und könnte die Art und Weise, wie die medizinische Gemeinschaft auf Diabetes testet, verändern. Aktuelle Erkennungsmethoden können viel Zeit, Reisen und Kosten in Anspruch nehmen. Die Sprachtechnologie hat das Potenzial, diese Hindernisse vollständig zu beseitigen.“
In einem Experiment konnte die KI anhand der stimmlichen Merkmale, darunter Änderungen in der Tonhöhe und Intensität, Diabetes mit hoher Genauigkeit diagnostizieren. Weil die Veränderungen der Stimme bei Männern und Frauen nicht identisch sind, gab es eine geringe Differenz bei der Genauigkeit. Diese lag bei Frauen bei 89 Prozent und bei Männern bei 86 Prozent.
Laut Yan Fossat, dem Vizepräsident von Klick Labs, zeigt die Studie, dass die KI es ermöglicht, viele Menschen zu screenen und den hohen Anteil der Menschen mit nicht diagnostiziertem Typ-2-Diabetes zu identifizieren.
„Unsere Forschung betont das enorme Potenzial der Sprachtechnologie bei der Erkennung von Typ-2-Diabetes und anderen Gesundheitszuständen. Sprachtechnologie könnte die medizinische Praxis als leicht zugängliches und kostengünstiges digitales Screening-Tool revolutionieren.“
In Zukunft möchte das Unternehmen ihre Forschung erweitern und untersuchen, ob auch andere Krankheiten, darunter Bluthochdruck und Prädiabetes, anhand der Stimme erkannt werden können.
Mayo Clinic Proceedings: Digital Health, doi: 10.1016/j.mcpdig.2023.08.005
