Robert Klatt
Der künstliche Süßstoff Erythrit (E 968) lässt das Blut verklumpen und erhöht womöglich das Risiko für einen Herzinfarkt und Schlaganfall. In der Europäischen Union (EU) darf der Süßstoff in beliebigen Mengen in Lebensmitteln verwendet werden.
Cleveland (U.S.A.). Künstliche Zuckerersatzstoffe wie Stevia und Erythrit ermöglichen einen süßen Geschmack ohne Kalorien. In den letzten Jahren zeigten aber mehrere Studien, dass die zuckerfreie Alternativen sich negativ auf die Gesundheit auswirken und beispielsweise das Krebs- und Diabetesrisiko erhöhen. Eine Studie der Cleveland Clinic hat nun einen weiteren gesundheitlichen Nachteil von Süßstoffen offenbart.
Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Medicine haben die Wissenschaftler um Marco Witkowski Blutproben von etwa 4.000 Menschen mit einem hohen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht. Sie entdeckten dabei, dass Probanden, bei denen es zu einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder einer anderen schweren Komplikationen gekommen war, im Blut eine hohe Konzentration des Süßstoffs Erythrit, der auch als Erythritol und E 968 bekannt ist, hatten.
In der Europäischen Union (EU) ist Erythrit einer der acht zugelassenen Zuckeraustauschstoffen. Der Süßstoff, der durch Fermentierung von Mais entsteht, ist etwa 70 Prozent so süß wie Zucker und darf in Lebensmitteln in beliebigen Mengen verwendet werden. Erythrit wird hauptsächlich in süßen Diätgetränken und in zuckerfreien Kaugummis verarbeitet.
Die nun publizierten Studiendaten legen nahe, dass die Zulassung ein Fehler sein könnte. Das Risiko für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt nimmt demnach durch eine hohe Erythrit-Konzentration im Blut zu.
Um zu untersuchen, wie Erythrit auf das Blut wirkt, haben die Forscher Laborexperimente durchgeführt. Dabei mischten sie den Süßstoff sowohl mit Vollblut als auch mit isolierten Blutplättchen, die bei Verletzungen die Heilung unterstützen, indem sie zu einem Blutgerinnsel verklumpen und die Wunde schließen.
Laut den Experimenten aktiviert der künstliche Süßstoff Erythrit die Blutplättchen und löst dadurch eine Verklumpung aus. Es reicht also wahrscheinlich bereits der Konsum eines Diätgetränks aus, um die Bildung Blutgerinnsel zu verstärken. Anschließend können diese Blutgerinnsel Herzkranzgefäße, Hirnarterien und andere Blutgefäße verstopfen und somit einen Herzinfarkt oder Schlaganfall verursachen.
Eine weitere Studie mit acht gesunden Probanden zeigt, dass bereits geringe Mengen des Süßstoffes Blutgerinnsel auslösen können. In den Experimenten konsumierten die Probanden 30 Gramm Erythrit, also so viel wie eine herkömmliche Dose eines kalorienfreien Diätgetränks enthält. Der Blut-Erythritspiegel stieg daraufhin über den Gerinnsel-Schwellenwerte an.
Zudem kann sich Erythrit im Körper stark anreichern, weil der Süßstoff vom Menschen nur schwer verstoffwechselt wird. Er landet deshalb in der Blutbahn und wird später über den Urin ausgeschieden. Überdies bildet der Körper ebenfalls kleine Mengen Erythrit, die noch zu mit dem Erythrit aus Lebensmittel hinzukommen.
„Es ist wichtig, dass weitere Sicherheitsstudien durchgeführt werden, um die langfristigen Auswirkungen von künstlichen Süßstoffen im Allgemeinen und von Erythrit im Besonderen auf das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall zu untersuchen.“
Eine geplante Folgestudie soll untersuchen, wie Erythrit auf gesunde Menschen wirkt. Es soll so sichergestellt werden, dass die Ergebnisse nicht durch eventuelle Vorerkrankungen verzerrt werden.
Nature Medicine, doi: 10.1038/s41591-023-02223-9