Tartrazin

Lebensmittelfarbe kann Haut durchsichtig machen

 Robert Klatt

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Die Lebensmittelfarbe Tartrazin kann lebendes Gewebe, darunter Haut, Gewebe, ganze Organe und sogar Schädelknochen, transparent machen. Die Wirkung ist reversibel und nicht gesundheitsschädlich.

Stanford (U.S.A.). Ärzte können bislang nur mit Methoden wie Röntgen, Ultraschall und Co. das Körperinnere des Menschen untersuchen. Die Wissenschaft hat zudem Techniken entwickelt, mit denen ganzen Organe transparent gemacht werden können. Diese lassen sich aber nicht beim lebenden Menschen nutzen, weil die Proben zuvor präpariert werden müssen. Forscher der Stanford University und der University of Texas Dallas (UTD) haben nun eine unschädliche, simple und reversible Methode entwickelt, mit der lebende Haut und lebendes Gewebe durchsichtig gemacht werden kann. Die Grundlage dafür bildet eine Erkenntnis darüber, wieso das Gewebe normalerweise undurchsichtig ist.

„Die komplexe Struktur biologischer Materialien erzeugt diese Opazität durch die unerwünschte Streuung und Brechung des Lichts.“

Normalerweise besitzen die unterschiedlichen Bestandteile des Gewebes, darunter Fett, Eiweiß und Wasser, verschiedene Brechungsindices. Das Licht wird an ihren Grenzflächen deshalb in alle Richtungen gestreut und kann nicht tief in den Körper eindringen. Bei Milch sorgt der identische Effekt dafür, dass die Emulsion weiß erscheint, weil die kleinen Fetttröpfchen für eine nahezu komplette Streuung des einfallenden Lichts sorgen.

Unterschiede im Brechungsindex

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Science haben die Forscher deshalb nach einer Substanz gesucht, die die Unterschiede im Brechungsindex der Gewebekomponenten ausgleichen kann.

„Modelle legten nahe, dass in Wasser gelöste Farbstoffmoleküle mit scharfen Absorptions-Resonanzen im UV-nahen Bereich und im blauen Bereich des sichtbaren Spektrums effektiv darin sind, den Brechungsindex des wässrigen Mediums zu erhöhen.“

Die Forscher haben dabei entdeckt, dass das orangefarbene Pigment Tartrazin, das vor allem als Farbstoff in Lebensmitteln verwendet wird, die gewünschten Eigenschaften besitzt. Bei einem Experiment mit Hühnerbrustfilet, die in Tatrazinlösung eingelegt wurden, hat die Lebensmittelfarbe diese transparent gemacht.

Tartrazin macht Mäuse durchsichtig

Anschließend haben die Forscher Experimente mit lebenden Mäusen durchgeführt, deren Kopf, Beine und Bauch mit einer Tartrazinlösung behandelt wurden. Auch das Gewebe der lebenden Tiere wurde daraufhin transparent. Die Wissenschaftler konnten somit ohne technische Hilfsmittel die Darmbewegungen, den Herzschlag und die Bauchnerven der Mäuse beobachten.

„Wir können so den typischerweise undurchsichtigen Bauch einer Maus zu einem transparenten Medium machen.“

Die Wirkung der Tartrazinlösung war nach einer kurzen Wartezeit sogar so stark, dass die Schädelknochen der Mäuse durchsichtig wurden und die Blutgefäße des Gehirns beobachtet werden konnten.

„Wenn man nicht mit der Physik dahinter vertraut ist, erscheint dies wie ein Zaubertrick. Es dauert nur ein paar Minuten, bis die Transparenz einsetzt, ähnlich wie bei einer Hautcreme, die ja nach Typ schneller oder langsamer in die Haut einzieht.“

Untersuchung des Menschen?

Die Experimente zeigen zudem, dass der Transparenzeffekt komplett reversibel ist und durch ein Abwaschen der Farbstofflösung umgekehrt werden kann. Wenn diese entfernt wird, nimmt der Transparenzeffekt allmählich ab und das Gewebe erhält seinen normalen Zustand wieder.

„Wichtig ist auch, dass dieser Farbstoff biokompatibel ist – er ist für lebende Organismen unschädlich. Zudem ist er günstig und effizient, man braucht nicht viel davon, damit es funktioniert.“

Bisher haben die Forscher keine Experimente mit Menschen durchgeführt. Sie sind sich aber sehr sicher, dass der Transparenzeffekt auch bei menschlichem Gewebe funktioniert und dass ihre Methode in der medizinischen Forschung und in der Diagnostik helfen kann.

„Unser Ansatz bietet Möglichkeiten, die Struktur, Aktivität und Funktionen selbst tieferliegender Gewebe und Organe einzusehen – ohne dass sie operativ entfernt oder das darüberliegende Gewebe durch durchsichtige Fenster ersetzt werden muss.“

Science, doi: 10.1126/science.adm6869

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